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Querdenken #S0304: In Stuttgart zeigt sich das Versagen von Politik und Rechtsstaat (Update)

Ordnungsbürgermeister Clemens Maier, Stadtsprecher Sven Matis, Polizeipräsident Franz Lutz und Polizei-Einsatzleiter Carsten Höfler – vier Namen aus Stuttgart stehen für Staatsversagen gegenüber der Coronaleugner-Querfront. (Letztes Update 20:14 Uhr)

Die Stuttgarter Querdenken-Demo im Stream zu schauen ist, als würde man unfreiwillig langsam an einem schlimmen Verkehrsunfall vorbeifahren müssen, nur mit Volldeppen.

Schon im Vorfeld der Demos in Stuttgart war klar, dass hier einiges schief laufen wird. Entgegen der eindringlichen Mahnung des Gesundheitsministeriums sah sich Clemens Maier, der „Ordnungsbürgermeister“ der Stadt, außerstande, ein Verbot der Demo auszusprechen. Was andernorts mittlerweile zumindest probiert wird, weil die geltenden Verordnungen dies explizit erlauben, weigert sich Maier schlicht mit dem Argument, die Latte für ein Versammlungsverbot hänge sehr hoch.

Aber im Grunde ist die Latte das Brett vor seinem Kopf. So ist das, wenn man sonst nur für die Überwachung der „Kehrwoch“ zuständig zu sein scheint.

Mal abgesehen davon, dass er damit vollständig die Notwendigkeit für Einschränkungen ignoriert, die eine Pandemie mit sich bringt, stellt er damit das Versammlungsrecht – ja, ein Grundrecht, eines, das aus guten Gründen eingeschränkt werden kann – mal eben so über eines, das nicht eingeschränkt werden kann: das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das geht aber nur, wenn die entsprechenden Abstände und Hygienemaßnahmen eingehalten werden. Das will Querdenken aber gar nicht. Damit macht er nicht weniger deutlich als die Ohnmacht der Politik gegenüber einer Handvoll – ja, einer Handvoll – von Unverbesserlichen, deren Protagonisten in seinem Bundesland zu Recht vom Verfassungsschutz beobachtet werden. So wie dies auch in anderen Bundesländern der Fall ist.

Doch der Stadt gelingt es, noch einen draufzusetzen. Polizei-Einsatzleiter Carsten Höfler, der auch Leiter der Stuttgarter Stadtpolizei ist, sah die Polizei bereits im Vorlauf „in einem Spannungsfeld“. Zum einen müsse die Polizei den sicheren Ablauf der Demos gewährleisten und diese begleiten. Zugleich stoße es bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auf Unverständnis, wie sich in Zeiten der dritten Coronawelle Tausende in der Stadt treffen dürfen, während für alle anderen strenge Kontaktbeschränkungen gelten.

Diese „Spannung“ löste die Polizei Stuttgart dann fix. Sie brachte das eigentümliche Argument, der Aerosolausstoß würde bei Durchsetzung der Maskenpflicht erhöht. Deswegen könne diese nicht durchgesetzt werden.

Ja, Polizei, ihr müsst friedlich einmal neu definieren bei Querfront-Verfassungsfeinden, die Polizisten als Söldner einer BRD GmbH sehen und nicht als Beamte.

Aerosole – das scheint eine zumindest gewagte Argumentation, denn mehrere 100 bis 5000 auf engstem Raum befindliche, singende und gröhlende Querfrontler ohne Abstand, Maske und Anstand haben einen kaum steigerbaren Aerosolaustoß. Und es stößt nicht nur vielen Bürgen auf Unverständnis, sondern bei der Mehrheit derjenigen, die heute nicht in Stuttgart demonstrieren. Also bei den restlichen Millionen von Bundesbürgern, die heute auf Stuttgarter Versagen schauen. Und wahrscheinlich ganz besonders bei den eigenen Beamten, die während einer Pandemie den Corona-Ausdünstungen dieser Leute ausgesetzt sind. Und all jenen, die mit diesen Typen dann später in Bus und Bahn sitzen müssen.

Doch das ist nicht alles. Die Polizei ist auch ansonsten eher unterbesetzt und überfordert. Sie kapituliert sogar vor der Umdekorierung von Streifenwagen mit Plakaten, die bundesweit schon für zahlreiche Strafanzeigen gesorgt haben.

Video von https://twitter.com/schwurbelwatch/status/1378301515346108418?s=20

Vielleicht werden im Nachgang der Demo in Stuttgart Maier und Höfler erklären müssen, wie sie auf ihre überaus schwache Argumentationskette gekommen sind (sie haben schon begonnen mit dem Gaslighting, siehe Updates.) Und warum sie die Mär von den friedlichen Demonstranten nach einem Jahr Querdenken-Demos noch immer glauben. Aber das ist nicht zu erwarten.

Bei der Polizei Stuttgart hat Herr Höfler augenscheinlich Spielsteine auf dem Hufeisen-Spielbrett hin- und hergeschoben. Er konnte in vollständiger Unkenntnis die Sommerkleidchen-Querfront nur unter den „Gemäßigten“ verorten, also muss der Gegenprotest extremistisch sein.

Aber angesichts der Solidarisierung, die die Polizei zeigt mit Leuten wie Michael Schele, der in Kassel aktiv Gegendemonstranten angriff, hat man eigentlich keine Fragen mehr. Gehört, Herr Polizeipräsident Franz Lutz? Keine Fragen mehr!

Auch schön im Video zu sehen:

Tja. Sieht aus wie der dicke Polizeibeamte, der zuvor an dem strafbaren Plakat am Streifenwagen „unachtsam“ vorbeilief.

Update 19:10 Uhr: Die Polizei dazu:

Aber genau! Vermeintlicher Handschlag! So muss es gewesen sein! Unbedingt war es so. Was soll er auch sagen? „Ich kenne und schätze den vorbestraften Herrn Schele“? Wie merkbefreit seid Ihr, Polizei Stuttgart?

Gut, wir belassen es einfach mal bei dieser Aussage, denn kritisieren kann man der Stuttgarter Polizei an zahlreichen Stellen, da muss man nicht auch noch unterstellen. Aber seltsam aussehen … naja.

Polizei Stuttgart mal zusammengefasst, der Beamte soll Hellmann heißen (was wir nicht verifiziert haben):

Wie gesagt, eigentlich keine Fragen mehr. Außer: Stadt Stuttgart und Polizei Stuttgart, seid ihr noch ganz dicht?

Derweil auf mindestens einer Intensivstation im Land:

Update 16:45 Uhr

Die Polizei Stuttgart hat mittlerweile eine „Stellungnahme“ veröffentlicht, hier ein Auszug:

Die Polizei ist anlässlich mehrerer Kundgebungen von Pandemie-Kritikern und Gegendemonstrationen am Karsamstag (03.04.2021) in der Stuttgarter Innenstadt und in Bad Cannstatt präsent. Mehrere Hundert Einsatzkräfte, darunter auch Beamtinnen und Beamte aus anderen Präsidien, unterstützen dabei die Stuttgarter Polizei. Am Marienplatz versammelten sich ab 10.00 Uhr Pandemie-Kritiker zu einer genehmigten Kundgebung. Dabei wurde die angemeldete Teilnehmerzahl erheblich überschritten. Der überwiegende Teil der Demonstranten trug keine Masken und hielt die geforderten Abstände nicht ein. Mehrfache Hinweise der Polizei zur Einhaltung der Auflagen wurden von den Teilnehmern ignoriert.

https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/110977/4880885

Teilnehmerzahl überschritten, keine Masken, keine Abstände, Ignoranz: bislang nichts Überraschendes für Kenner der Querfront, wohl aber immer wieder etwas, was von der Polizei wie ein „wir haben es nicht wissen können“ behandelt wird. Und genau das, dieses irgnorante Geblubber der angeblichen Staatsmacht, wird mittlerweile bundesweit von Millionen Bürgern kritisiert.

Zieht euch den Schuh an, Polizei, ihr werdet nicht ernst genommen. Von denen nicht und bald – das ist das Traurige daran – nicht mehr von denen, die wirklich das Volk sind und das nicht nur schreien, von denen, die sich an Regeln halten und an Abstände, die Maskentragen, weil es derzeit einfach notwendig ist.

Daraufhin zogen die Aufzugsteilnehmer über die Rotebühlstraße und die Theodor-Heuss-Straße zum Hauptbahnhof und weiter über das Neckartor zum Cannstatter Wasen. Durch hinzuströmende Personen erhöhte sich die Zahl der Pandemie-Kritiker weiter massiv, wobei die Teilnehmer auch hier größtenteils keine Masken trugen und die Abstände zueinander nicht einhielten. Einsatzkräfte stellten von den Gegendemonstranten in der Tübinger Straße und den Fahrraddemonstranten am Österreichischen Platz die Personalien fest und erteilten im Anschluss an die polizeilichen Maßnahmen Platzverweise. 

Merkt ihr selber, „Polizei“ Stuttgart, dass ihr was grundlegend nicht verstanden habt? Oder immer noch nicht?

Das Ministerium für Soziales und Integration BW scheint eingermaßen fassungslos, angesichts des Stuttgarter Versagens:

Fragt das bitte Herrn Lutz (Polizeipräsident), Herrn Maier und Herrn Höfler.

Update 18:30 Uhr

Ein Team der ARD vor Ort muss die Live-Schalte abbrechen – wegen Steinwürfen der ach-so-friedvollen Demonstranten.

Update 18:45 Uhr

Auch die Bundespolizei gibt kein gutes Bild ab:

Update 19:38 Uhr

Sven Matis, Sprecher der Stadt Stuttgart, versucht sich jetzt schon aus der Nummer herauszuwinden, indem er versucht, dem Land die Schuld zuzuweisen.

Doch man sollte eben nicht die Aufmerksamkeitsspanne einer besprungenen Hirschkuh haben, sondern zu Ende lesen.

Da steht „bei Einhaltung der vorgeschriebenen Schutz- und Hygieneanforderungen“ – und genau das ist bei Querdenken-Demos eben regelmäßig nicht zu erwarten.

Darüber hinaus steht in der Verordnung des Landes Baden-Württemberg explizit:

1) Abweichend von §§ 9 und 10 sind Zusammenkünfte, die der Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes zu dienen bestimmt sind, zulässig.

(2) Die Versammlungsleitung hat auf die Einhaltung der Abstandsregel nach § 2 hinzuwirken. Die zuständigen Behörden können weitere Auflagen, beispielsweise zur Einhaltung der Hygieneanforderungen nach § 4, festlegen.
(3) Versammlungen können verboten werden, sofern der Schutz vor Infektionen anderweitig, insbesondere durch Auflagen, nicht erreicht werden kann

§11 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen
gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung –
CoronaVO) in der ab Januar 2021 gültigen Fassung

Diese Demos finden statt, WEIL Querdenken die Anforderungen nicht einhalten WOLLEN, Herr Matis. Hier ist im Vorfeld bekannt, dass der Schutz durch Auflagen nicht erreicht werden kann.

Ihre Ausrede geht fehl. Das war halt Versagen mit Ansage. Da müssen Sie schon mit mehr kommen. Ihr Herr Maier ist entweder der Meinung, er müsse dem Land eins auswischen, oder aber er kann schlicht nicht lesen. Aber im Grunde ist es Arbeitsverweigerung. Sie haben Ihre Aufgabe nicht erfüllt.

Update 20:14 Uhr:

Polizeien sollten sich ggf. bundesweit mal über Presserecht, Pressefreiheit und vor allem über Medien informieren. Das rechtsextreme Compact-Magazin, das hier – am Mikro erkennbar – das Interview führt, wird vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt.

Beitragsbild: Screenshot aus einem Video von https://twitter.com/Gothmopolit