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Meinungsecke

Karfreitag und die Filmverbote – my ass: „Das Leben des Brian“ läuft bei uns

Tanzen und die öffentliche Aufführung bestimmter Filme sind heute teilweise verboten – unter anderem darunter: „Das Leben des Brian“ und „Heidi in den Bergen“.

Karfreitag ist ein hoher kirchlicher Feiertag. Daran will niemand rütteln. Aber wusstet Ihr, dass es heute verboten ist, Filme zu zeigen, die „religiöse“ Gefühle verletzen könnten? Nein? Dann wisst Ihr es jetzt. Es gibt einen Index von Filmen, die an stillen Feiertagen wie Karfreitag nicht öffentlich aufgeführt werden dürfen. „Das Leben des Brian“ gehört dazu. Dabei passt er so gut…

Deshalb hier: „Monty Pythons Das Leben des Brian“ in voller Länge.

Die Feiertagsfreigabe – wasndas?

Anonymous hat ja irgendwie auch einen Bildungsauftrag. Nein? Doch. Jedenfalls manchmal.

Es geht hier keineswegs darum, irgendeine Religion zu schmähen oder jemandes religiöse Gefühle zu verletzen. Wir sind jedoch Verfechter der strikten Trennung von Staat und Religion. Wenn Vorschriften existieren, welche Filme an kirchlichen Feiertagen gezeigt werden dürfen und welche nicht, dann ist das einer von vielen Punkten, an denen diese Trennung bereits aufgeweicht ist.

Wenn ein Film veröffentlicht werden soll, muss der zuständige Verleih ihn bei der FSK zur Prüfung vorlegen. Denn nur dann gibt es eine Altersfreigabe, nur damit dürfen Filme überhaupt regulär in Kinos gezeigt – öffentlich aufgeführt – werden. Darüber hinaus gibt es jedoch auch eine Feiertagsfreigabe.

Die Prüfung für die Feiertagsfreigabe muss gesondert beantragt werden, und wenn dies nicht geschieht, ist die öffentliche Aufführung untersagt. Geregelt ist diese Untersagung in Gesetzen der Bundesländer. Für bundesweite und ggf. länderspezifische stille Feiertage wie Karfreitag sehen einige landesgesetzlichen Regelungen vor, dass an diesen Tagen nur solche Filme öffentlich vorgeführt werden dürfen, bei denen der diesen Tagen entsprechende „ernste Charakter“ gewahrt ist.

Filme, die nicht für Feiertage freigegeben sind, stehen auf einem Index, mehr als 700 Filme mittlerweile. An manchen stillen Tagen wie am heutigen Karfreitag herrscht also nicht nur Tanzverbot, sondern auch Filmverbot – okay, außer in Baden-Württemberg, da wurde das Feiertags-Filmverbot gekippt.

Die Freigabeliste: Auf dieser Liste stehen nicht nur scheinbar blasphemische Filme wie „Das Leben des Brian“, es finden sich Titel wie

  • „A Hard Days Night“ (ja, mit den Beatles), aber auch
  • „Heidi in den Bergen“ (ohne Altersbeschränkung freigegeben, aber nicht an Feiertagen) und
  • „Piratensender Powerplay“ (frei ab 6 Jahren, aber nicht an Feiertagen).

Die Liste, Stand 22.01.2016, ist hier als PDF einzusehen.

Man kann davon ausgehen, dass Heidi nur draufsteht, weil die Feiertagsfreigabe schlicht nicht beantragt wurde. Anders bei „Das Leben des Brian“: Blasphemisch. Die satirische Komödie steht auf der Liste zwischen so bekannten Spitzentiteln wie „Der Kurpfuscher und seine fixen Töchter“ und „Sklavenmarkt der weißen Mädchen“.

Natürlich dürfen diese Filme bei Streamingdiensten abgerufen und im Fernsehen gezeigt werden, auch an Karfreitag, denn das ist ja keine öffentliche Aufführung. Aber in Kinos, auf öffentlichen Veranstaltungen? Nope. Anachronistischer Unfug.

Und was hat das jetzt alles mit Operation Tinfoil zu tun?

Nicht viel. Ehrlicherweise. Ist ja auch nicht in der Kategorie erschienen, sondern in „Meinungsecke“ bei den Kommentaren. Außer vielleicht, dass wir viele Akteure unter den Schwurblern haben, die Wert legen auf ihren christlichen Hintergrund. Aber seltsam, für die Trennung von Staat und Religion gehen weder die „Christen im Widerstand“ noch Leute wie Eckert auf die Straße … Trennung von Staat und Religion ist nicht Teil ihrer evangelikalen Agenda.

Fragt sich eigentlich noch jemand, warum?

Querdenker wollen – wie zum Beispiel in München – auch an den Osterfeiertagen demonstrieren. Nicht als friedvoller Ostermarsch, sondern als normale Kundegebung an einem stillen Feiertag.

Man darf also nicht „Heidi in der Bergen“ schauen, aber Querprolls dürfen ihre antisemitischen … ach, wissta was:

Disputatores transversi ite domum!

(Oder so – wie ist Vokativ Plural von „Querdenker“ auf Latein?)

Update 03.04.2021 12:15 Uhr:

Nach Hinweis transversis in transversi geändert. Jetzt muss ich das nicht hundert Mal schreiben, oder?