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#Querdenken #s0304 – Die Nachwehen: #Maier verteidigt sein Vorgehen, Polizeigewerkschaft kritisiert die Stadt, das Übliche (Update)

Am Ende wird niemand die tatsächliche Verantwortung übernehmen. Weder die Politiker, noch der Ordnungsbürgermeister oder die Polizei. So ist es immer nach Querdenken-Demos. Doch Stuttgart ist nur dumm. (Letztes Update: 07.04.2021 16:30 Uhr)

Update: Schreiben an Stadt Stuttgart aufgetaucht

So geht es seit Monaten: Die Polizei weiß angeblich nicht, wie sie mit den Querdenkern umzugehen hat, die Versammlungsbehörden sehen sich machtlos, jeder zeigt mit dem Finger auf den anderen. Einer weist dem nächsten die Schuld zu. So wie nur Politiker und Polizei es können.

Es wäre eigentlich ganz einfach gewesen für die Stadt Stuttgart. Die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Würrtemberg erlaubt in §11 Absatz 3 ein Verbot von Demonstrationen. In §11 heißt es:

1) Abweichend von §§ 9 und 10 sind Zusammenkünfte, die der Wahrnehmung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes zu dienen bestimmt sind, zulässig.

(2) Die Versammlungsleitung hat auf die Einhaltung der Abstandsregel nach § 2 hinzuwirken. Die zuständigen Behörden können weitere Auflagen, beispielsweise zur Einhaltung der Hygieneanforderungen nach § 4, festlegen.

(3) Versammlungen können verboten werden, sofern der Schutz vor Infektionen anderweitig, insbesondere durch Auflagen, nicht erreicht werden kann

§11 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen
gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung –
CoronaVO) in der ab Januar 2021 gültigen Fassung

Wenn also Herr Maier, Ordnungsbürgermeister der Stadt Stuttgart, jetzt fordert, an der Verordnung müsse etwas geändert werden, dann hat er sie vielleicht einfach nur nicht gelesen?

Doch hat er. Aber laut Stadtsprecher Sven Matis beruft er sich auf ein Schreiben des Landes an den Ordnungsbügermeister. Matis zitiert dies auch auf Twitter. In seinem Tweet ist das für ihn und Maier maßgebliche fett hervorgehoben.

Quelle: er selbst auf Twitter

Was Herr Matis aber weggeschnitten hat ist der Passus:

[…] bei Einhaltung der vorgeschriebenen Schutz- Hygieneanfoderungen […]

Das liest sich in Gänze dann so:

Quelle: Lars Wienand von T-Online auf Twitter

Und es ist nicht missverständlich fomuliert. Es ist im Grunde sogar ganz einfach. Und sogar Lokalpolitiker und städtische Angestellte und Beamte sollten es verstehen. Wenn die Schutz- und Hygieneanforderungen eingehalten werden, kann eine Demo nicht verboten werden.

Aber genau diese Einhaltung ist bei Querdenken-Demonstrationen nicht zu erwarten. Auch wenn jede Demo von einer anderen Person angemeldet wird: Teil der Prüfung bei einer Versammlungsbehörde muss die Berücksichtigung bisheriger Mobilisierungen aus dem Querdenken-Lager, die Erfahrungen anderer Städte und Gemeinden, anderer Länder und das Programm der Demo – eben gegen die Maßnahmen durch Nicht-Einhaltung derselben – berücksichtigt werden. Wer das nicht tut, der hat als Ordnungsbürgermeister, der für die Sicherheit der Stadt verantwortlich ist, seinen Job nicht gemacht. Wer das nicht tut, der verweigert die Arbeit, für die ihn die Steuerzahler bezahlen. Period.

Andere Städte haben diese Arbeit gemacht. Andere Städte haben Versammlungen verboten. Manche haben es versucht und scheiterten vor Verwaltungsgerichten, wie in Dresden. Wenn aber Vertreter der Stadt Stuttgart sich auf das Land berufen und versuchen, der Verordnung den schwarzen Peter zuzuspielen, dann machen sie es sich zu einfach. Wenn sie sagen, es gäbe keine rechtliche Handhabe, dann lügen sie.

Tatsache ist, dass Maier sich schon vorab aus dem Fenster lehnte und kundtat:

Wir können rechtlich nichts gegen diese Versammlung unternehmen.

Das sagte er dem SWR, die hoben es sogar im Artikel hervor.

Quelle: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/ministerium-besorgt-wegen-querdenker-demo-100.html

Und nach allem dafürhalten, ist dies einfach unwahr.

Sowohl das Schreiben des Landes als auch die Verordnung selbst hätten ihm Möglichkeiten an die Hand gegeben. Er hat es sich nur leicht machen wollen. Arbeitsverweigerung? Wofür braucht es einen Ordnungsbürgermeister, wenn der nicht versteht, was seine Aufgabe ist und wie die Vorgaben des Landes umzusetzen sind? „Die Latte für ein Versammlungsverbot hängt sehr hoch“, sagte Maier, ja, richtig, aber es ist nicht unmöglich. Und vor allem: Wenn man „stattdessen mit Auflagen“ arbeiten will, dann muss man diese am Ende auch durchsetzen.

Bei Querdenken ist es nicht die Frage, was ist möglich, sondern was ist man bereit zu tun. Bei der Einschätzung der Demos der verfassungsfeindlichen Bewegung Querdenken darf es also nicht um weniger gehen.

Maier wollte es laufen lassen und dann aussitzen. Ist halt so wie es immer ist, sagte er sich wohl, die Empörung legt sich und die nächste Demo ist woanders.

So ist es jetzt seit einem Jahr und keiner der Verantwortlichen bekennt sich dazu, einfach mal Shice gebaut zu haben. Warum auch. In der Regel passiert ihnen ja nichts. Die Oberbürgermeisterwahlen in Stuttgart waren im letzten November, die Wahl in Baden-Württemberg im vergangenen Monat. Was soll’s lass sie doch reden, all die linksgrünversifften Wixxer auf Twitter und die Medien, die heute so und morgen so schreiben, Spiegel, Zeit, FR, die Berufsempörten. Nach einer Woche wird das schon nachlassen.

Bisher war das immer so. Bisher. Aber wir beobachten Querdenken jetzt seit einem Jahr. Länger als jeder Verfassungsschutz im Land. Und eines sollten sich die Politiker gesagt sein lassen: jeder, der vor den Demos kuscht und hofft, dass der Kelch an ihm vorbeigeht, wird gespeichert. Denn das gehört mit zur Beobachtung. Wer steht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dieses Landes und wer meint, es sich erlauben zu können, ein Stück darüber zu schweben.

Und wenn irgendwo im Land – was wer auch immer verhindere – ein Querdenker einen größeren Anschlag ausführt, weil er das Sommerkleidchen gegen Waffen tauschte, dann können Herr Maier, Herr Matis, Herr Strobl oder Herr Hermann oder Herr Geisel oder wie sie alle heißen in den Amtstuben und Ministerien sich nicht zurücklehnen und in gespielter Empörung jammern, das hätten sie alles nicht gewusst. Wir vergessen nicht.

Gilt auch für Polizei und deren Einsatzleiter. Für Herrn Höfler zum Beispiel, den aus Stuttgart. Auch die Polizei Stuttgart macht es sich leicht. Die Deutsche Polizeigewerkschaft erklärte gegenüber N-TV:

Die Zuständigkeit für ein Verbot liege bei der Stadt, die Polizei werde aber kritisiert, weil sie nicht eingeschritten sei. „Offensichtlich scheint es ein Missverständnis zu geben, wenn die Stuttgarter Stadtverwaltung und damit die Versammlungsbehörde sich um klare Entscheidungen drückt und der Polizei dann den Mist vor die Füße kippt.“

https://www.n-tv.de/politik/Stuttgarter-Querdenken-Demo-hat-Nachspiel-article22469699.html

Das ist zwar im Kern richtig, aber auch sie schiebt den schwarzen Peter von der Stadtpolizei, die die Einsatzleitung hatte, zu den städtischen Behörden. Wenn aber die Polizei doch schlauer war, warum hat sie die Behörden nicht entsprechend hingewiesen. Einsatzleiter Carsten Höfler wird doch nicht am Samstag Morgen von dem Einsatz erfahren haben. Hat er nicht, wissen wir, er sah die Polizei in einem Spannungsfeld. Zum einen müsse die Polizei den sicheren Ablauf der Demos gewährleisten und diese begleiten. Zugleich stoße es bei vielen Bürgerinnen und Bürgern auf Unverständnis, wie sich in Zeiten der dritten Coronawelle Tausende in der Stadt treffen dürfen, während für alle anderen strenge Kontaktbeschränkungen gelten.

Die Spannung war schnell gelöst: Einsatzleiter Höfler war das Unverständnis der „vielen Bürger“ einfach mal wumpe. Der sichere Ablauf der Demo war ihm wichtiger. Und damit hat Carsten Höfler von der Polizei Stuttgart jede gegen die Polizei gerichtete Kritik persönlich verdient.

Stuttgart wäre im Übrigen auch die einzige Stadt, in der die Versammlungsbehörde nicht eng mit der Polizei diesbezüglich zusammenarbeiten würde. Wenn also die Polizei jetzt in etwa sagt: „Wir brauchen Vorgaben, hatten aber keine“, dann ist das so als würde Seehofer zwischen zwei Weißwurscht-Zutzlern mit vollem Mund murmeln: „Rechsekssremismus inne Pullisei gibbses nicht, weil is ja verbodn“ – nämlich falsch.

Denn dass es enge Absprachen mit der Polizei gab, hat Maier ja selbst gesagt.

„Wenn die Polizei die Versammlung auf Geheiß der Versammlungsbehörde aufgelöst hätte, hätte sie versuchen müssen, 15.000 Menschen nach Hause zu schicken.“ Diese wären aber nicht freiwillig gegangen. Die Polizei hätte massiv Gewalt einsetzen müssen. All das sei durchgespielt worden in Gesprächen mit der Polizei.

https://www.n-tv.de/politik/Stuttgarter-Querdenken-Demo-hat-Nachspiel-article22469699.html

Also war es eine bewusste Entscheidung, alles so laufen zu lassen. Bewusst entschieden nach Planspielen zwischen Höfler von der Polizei und Maier von der Stadt.

Man sah sich in Stuttgart zu allem außerstande: Man konnte nicht verbieten, denn die rechtliche Handhabe fehlte; man konnte die Auflagen nicht durchsetzen, denn bei 15.000 Menschen, wäre das nicht möglich gewesen; man konnte gar nichts – und das ist auch heute noch so. Nur das Stuttgart am 03.04.2021 in die Analen der Gesichte eingehen wird als die Demo mit den dreistesten Lügen und den dümmsten Ausreden. Was Querdenken-Demos sind, nämlich eine verfassungsfeindliche Querfront, das hätte man in den vergangenen 12 Monaten wissen können. Wie sie vorgehen – massiv mobilisieren, aber nur einen Bruchteil anmelden – sollte bekannt sein. Dass sie die Polizei nicht als Staatsmacht wahrnehmen, sondern als Söldner einer BRD-GmbH, wer das jetzt noch nicht weiß, der hat im Koma gelegen.

Ja, bei Querdenken-Demos ist es schwer für die Polizei, die Querdenken-Taktik „Frauen und Kinder zuerst“ – offen immer wieder geäußert in Telegram-Gruppen – verfängt bei den Beamten. Deswegen stellen die Querdenker Frauen in Sommerkleidchen, Tante Gertrude (68) und klein Paula (5) in die erste Demoreihe. Aber um so wichtiger ist es, die Demoströme auch in dieser Hinsicht zu kontrollieren. Nicht nur, wohin sie gehen, sondern auch wer wohin geht. Dass wir Euch Polizeiprofis das nach einem Jahr Querdenken noch sagen müssen, ist einigermaßen bedenklich. Und sagt nicht, das ginge nicht. Es geht. Wenn man denn will.

Und dass die Querdenker sich nicht an Regeln und Auflagen halten, dass wissen alle übrigen Millionen von Bundesbürgern, die nicht beim Ordnungsamt, bei Verwaltungsgerichten oder bei der Polizei arbeiten.

Nicht glaubwürdig. unglaubwürdig, Herr Matis, Herr Maier, Herr Höfler. Unglaubwürdig, das gilt derzeit für jeden Polizeieinsatzleiter der Republik.

„Ich glaube, wir haben das Beste daraus gemacht“, sagte Ordnungsbürgermeister Maier laut NTV.

Der beste Merksatz für Behörden bei Querdenken lautet:

„Wenn Querdenken sich bei Euch bedankt, habt Ihr alles falsch gemacht!“

Und, Herr Maier, Herr Höfler, Herr Matis, jetzt ratet mal was passiert ist?

Genau!

Danke für nichts, Ihr Behördenlutscher.

Fazit ist und bleibt:

Die Stadt Stuttgart hat es verkackt.

Niemand in Stuttgart hat seine Arbeit kompetent, komplett und sorgfältig gemacht. Einige wollten wahrscheinlich überhaupt keine Arbeit damit haben. Augen zu und durch, danach dann Kehrwoch?

So eine Einstellung geht nicht mehr lange gut.

Querdenken-Demos werden von den untergeordneten Behörden zu Unrecht als nicht-extremistisch wahrgenommen. Außer dem widerwärtigen Antisemitismus gibt es auf Querdenken-Demos keine „Ausländer raus“- oder „Deutschland den Deutschen“-Rufe. Auch keine Ausfälle gegen den Islam. Nur Antisemitismus. Und der kommt aus der Mitte der Gesellschaft, ist also tolerabel. (Ist er nicht, aber anders ist es nicht zu erklären, dass Behörden dagegen nicht vorgehen.) Doch das Radikalisierungspotential dieser Gruppe macht sie extremistisch.

Querdenken ist eine Gruppierung, deren Führungspersonal, insbesondere das von Querdenken 711, nicht umsonst vom Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg seit Dezember letzten Jahres beobachtet wird, weil es ist ja so:

Das Landesamt in Baden-Württemberg sieht bei der Gruppe „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung“. Sie radikalisiere sich zusehends.

https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-12/verfassungsschutz-querdenken-711-baden-wuerttemberg-verschwoerungstheorien-rechtsextremismus

Auch Spiegel Online berichtete. Und nicht nur Baden-Württemberg ist auf diesem Weg, auch Hamburg und Bayern.

Bei solchen Leuten, da muss schon ein bisschen mehr gearbeitet werden, als es bei einem Plausch auf dem Flur möglich ist. Da kann Augen zu und durch keine Devise sein. Und alles andere ist in Stuttgart nur Ausrede.

Deswegen: Nicht mit uns liebe Freunde. Wir haken nach. Und sollten wir eine Auffälligkeit sehen und sei es nur ein Handschlag zwischen Maier und Ballweg, sind wir da. Das ist ein Versprechen.

OpJustitia ist momentan eine stille Operation, das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie läuft.


Update 07.04.2021 16:30 Uhr

Auf Twitter wird von einem Schreiben berichtet, nach dem das Land klargestellt hat, dass ein Verbot der Demo sehr wohl möglich gewesen wäre.

Wenn das stimmt, dann ist Ordnungsbürgermeister Maier komplett durch, denn sein gesamtes Konstrukt mit „wir werden jetzt gemeinsam mit dem Land“, dass er nach der Demo aufzubauen versuchte, fällt in sich zusammen.

Der Versuch, sich reinzuwaschen, wirkt schmutzig.