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Hannah Arendt Akademie: ein Namensstreit im Oktober und was Max Otte damit zu tun hat

Eine erste Durchsicht der Mails und Dokumente der Hannah Arendt Akademie zeigt: man war sich der Problematik der Namenswahl bewusst, blieb aber dennoch dabei, denn für Max Otte von der Werteunion war er wichtig.

Zum ersten Teil: Namensstreit

Wie der Name der Akademie lautet, an der er „unterrichtet“, das kann einem Dozenten, dem es um die Vermittlung von Wissen geht, eigentlich schnurz sein. Doch Max Otte, Vorsitzender der rechtskonservativen Werteunion, die eigentlich nicht weniger will als eine neue konservative Revolution, wie es sie am Ende der Weimarer schon versucht wurde – mit bekanntem Ergebnis -, dem ist das nicht egal.

Max Otte ist ja kein unbeschriebenes Blatt, was rechtspopulistisches Gedankengut und seine Nähe zu seltsamen Positionen angeht. Schließlich ist er einer derjenigen, die einer Zusammenarbeit der CDU mit der AfD das Wort reden. Auch Gunnar Kaiser, Dozent an der Akademie ist für ihn kein Unbekannter, mit ihm sprach er bereits über den Great Reset („Der Great Reset ist da – Max Otte im Gespräch“, verfügbar auf YouTube). Kollegen nannten ihn zum Beispiel einen Crash-Propheten, der zwar „Probleme richtig beschreibe, aber daraus die falschen Schlüsse ziehe“.

Und weiter:

Bei seiner „Querdenken-Rede“ am 31. Mai 2020 auf dem Börsenplatz in Stuttgart bewarb Otte nun sein Buch „Weltsystemcrash“ und verkündete: „Corona und Bargeldabschaffung sind zwei Seiten einer Medaille, das sind Geschäftsmodelle […] Da stehen finanzstarke Lobbys dahinter.
[…]
Die Idee, die Covid-19-Pandemie diene der „Bargeldabschaffung“, erscheint zu Recht als völlig bizarr. Dennoch behauptet Otte in seinem Buch „Weltsystemcrash“ die Existenz weltweiter Verschwörungen […]
In seiner Querdenken-Rede am 31. Mai 2020 berief sich der Anlageberater auch auf weitere Goldverkäufer wie etwa Markus Krall, einen leitenden Angestellten bei der 2010 von August von Finck junior gegründeten Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH. […] Der bei Finck juniors Degussa angestellte Krall verkauft nicht nur Edelmetalle, sondern auch Verschwörungsmythen und Antisemitismus.

aus: Blume, Michael: „‚Corona und Bargeldabschaffung sind zwei Seiten einer Medaille‘ – Die libertäre Verschörungsmythologie des Geldes“ In: Heike Kleffner, Matthias Meisner (Hrsg.): Fehlender Mindestabstand. Die Coronakrise und die Netzwerke der Demokratiefeinde. Herder, Freiburg 2021, S. 128 f.

Wie umstritten er ist, das weiß er selbst, aber „umstritten“ wäre hier nicht das Wort, dass uns als erstes zu ihm einfällt.

Seinen Professoren-Job hat er schon 2019 an den Nagel gehängt. Streng genommen wäre er uninteressant, wäre er nicht Vorsitzender der Werteunion der CDU. Schwurbelpriester, die sich nur noch so eben gerade noch mit sehr viel Mühe einen demokratischen Anstrich geben können, sind bei uns oben auf der Liste, egal ob links, mitte oder rechts.

Von den Machern der Hannah Arendt Akademie wird er geradezu hofiert. Christian Klammer schreibt ihm zur Begrüßung:

Erst mit Ihrer Zusage wird es möglich, daß aus der Idee, jungen Menschen eine Orientierung und eine Perspektive für ihre berufliche und persönliche Zukunft in diesen ungewöhnlichen Zeiten des Umbruchs zu geben, jetzt Realität werden kann.

Und deshalb ist es auch nicht unwichtig, dass der Name „Hannah Arendt Akademie“ ein „wichtiges Asset“ für Otte ist. Da tut man schon einiges, damit es so bleibt.

Um die Antwort auf Ottes Frage im P.S. gleich vorweg zu nehmen: ja, Erich Hambach von friedensweg.org, der bekannte Eso und Truther (Baubiologie, Transhumanismus, Frequenzlehre, Numerologie, Finanzapokalyptiker, Elektrosmog-Kassandra) steckt bei der Akademie auch mit drin. Tief. Wer ihn nicht kennt:

Das Ehepaar Hambach ist unter Nutzung ihres Vereins Hambacher Kulturförderverein e.V. Organisator einer „Für den Frieden – Konferenz“. Es handelt sich dabei um eine Art kostenpflichtige Videopräsentation, die im Juli 2021 stattfand. Mitte Juli 2021 traten dabei vor allem Personen aus der Szene der Gegner von Schutzmassnahmen gegen das neue Coronavirus auf: Reiner Füllmich, Gunnar Kaiser, Daniele Ganser, Franz Ruppert, Jacqueline Le Saunier, Wolfgang Wodarg, Markus Gärtner, Enrico Edinger, Matthias Burchardt, Andre Krengel, Gerald Hüther, Peter Herrmann, Sucharit Bhakdi, Tatjana Strobel und Erich Hambach.
https://www.psiram.com/de/index.php/Erich_Hambach

Danke reicht. Bisher wurde Erich nicht erwähnt, aber er ist im Vorstand und an allen Entscheidungen beteiligt.

Doch zurück zu Otte, der mit solchen Schwurblern keine Berührungsängste hat … „Werte“ halt: Welche Kollegen meint Otte nun? Hach, ja, in erster Linie erstmal seine Professoren-Kollegen, vor allem die Herren Professoren Morgenthaler (Uni Siegen) und Engels, die er selbst als Dozenten ins Spiel brachte und die sich schnell bereit fanden, bei dieser Akademie mitzumischen (ja, die entsprechenden Mails und Korrespondenzen liegen uns vor). Aber auch seine Kollegen von der Werteunion im Gau Westfalen … entschuldigung, Landesverband Nordrhein-Westfalen … die Herren Matschuk und Holschbach, die er gerne mal bei er Korrespondenz mit der Akademie ins CC nimmt. So wenig man weiß, welchen Vorstand er hier in dieser Mail genau meint, so schwammig ist das halt mit den „Kollegen“.

Insgesamt ist die Korrespondenz zwischen Otte und der Akademie keineswegs auf die Seminartermine und -inhalte beschränkt. Im Gegenteil, Otte spielt eine offensichtlich größere Rolle als Unterstützer. Er schreibt ja selbst: „Es ist für mich deutlich leichter, Geld zu beschaffen, als mir Zeit freizuschaufeln.“ …

Otte war es, der den Akadamie-Leuten nahelegte, die Namensnutzung rechtlich prüfen zu lassen und finanzielle Unterstützung dafür zusagte.

Und überhaupt – Geld: Otte hat der Akademie Unterstützung bei der Einwerbung von Geldmitteln zugesagt. Vielleicht hat er sogar selbst gespendet, das wissen wir nicht, aber zumindest ist er sehr rührig in der Vermittlung von Kontakten. Allerdings ist er auch sehr schreibfaul. Vieles an Absprachen mit ihm findet telefonisch statt, so bleibt nur die Mail-Korrespondenz der Akademie-Leute.

Im Großen und Ganzen kann man also zusammenfassend festhalten: Max Otte hat seinen professoralen Werteunion-Piep ganz tief im Piep der Hannah Arendt Akademie. Seminare gibt er jedenfalls keine im Wintersemester 21/22.

Wenn der Verfassungsschutz heute „härtere Handhabe gegen »Querdenker« und Corona-Leugner“ fordert und darin auch die Verfolgung rechter Finanzströme enthalten ist, vielleicht sollte man die Ottes und andere aus der Werteunion und ihre Kollegen mal im Hinterkopf behalten?

Wir stellen nur Fragen.