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Twitters Anteil an der January 6th Insurrection

Ein Tweet von Trump – und die Echokammern promoteten den Kampf am 06. Januar, von YouTube über QAnon bis hin zu Proud Boys und Oath Keepers. Twitters Verantwortung wurde im öffentlichen Hearing des Select Committee deutlich.

Heute war der 7. Tag der öffentlichen Hearings des Select Committee des US-Repräsentenhauses, das die Vorfälle am 06. Januar am Kapitol in Washington untersucht und minutiös aufarbeitet, wie es dazu kam, wer dazu beitrug. Wenn dieser Tag eines klar gemacht hat, dann war es die Mitverantwortung von Twitter am Sturm auf das Capitol am 06. Januar 2021.

Ein ehemaliger Mitarbeiter der Plattform wurde befragt, wie Twitter mit den Tweets von Trump umging. Seine Antwort, gezeigt per Video, zu seinem Schutz mit verfremdeter Stimme, machte klar, dass bereits zu dem Zeitpunkt, als Trump sich in einem TV-Duell mit Biden mit den Worten „Proud Boys, stand Back and stand by“ direkt an die Proud Boys wandte, war bei Twitter klar, dass er den Dienst ebenfalls nutzen würde, um seine Truppen zu organisieren. Der Angestellte sagte, das habe die Alarmglocken läuten lassen, denn Trump nutzte Twitter exzessiv für seine Kampagnen.

Nach Aussage des Ex-Employees war man – so wie er – zutiefst besorgt, zugleich jedoch auch ein bisschen stolz darauf, dass man als Plattform „that sort of power“ habe. Man zog eine striktere Moderationspolitik in Betracht, setzte eine solche Änderung jedoch nie um.

Their „concern was that the former President, for seemingly the first time, was speaking directly to extremist organizations and giving them directives.“

[Twitter] „relished in the knowledge that they were also the favorite and most used service of the former President and enjoyed having that sort of power.“

(Ihre „Besorgnis bestand darin, dass der ehemalige Präsident scheinbar zum ersten Mal direkt mit extremistischen Organisationen sprach und ihnen Anweisungen gab.“

[Twitter] „genoss das Wissen, dass es auch der beliebteste und meistgenutzte Dienst des ehemaligen Präsidenten war und genoss diese Art von Macht“.)

Und so ließ man Trump gewähren. Jeder andere, so der Zeuge, wäre von Twitter längst gesperrt worden.

Doch nicht Trump. Twitter ließ ihn gewähren und so konnte er in der Nacht auf den 19. Dezember den Tweet absetzen, der letztlich die Rioters nach Washington rief, ein Tweet, dessen „Big protest in D.C. on January 6th. Be there, will be wild“ die rechte Media-Echokammer zu Assoziationen von „red wedding“ und bewaffnetem Kampf anstachelte.

Peter Navarro releases 36-page report alleging election fraud ‚more than sufficient‘ to swing victory to Trump https://t.co/D8KrMHnFdK . A great report by Peter. Statistically impossible to have lost the 2020 Election. Big protest in D.C. on January 6th. Be there, will be wild!

https://www.presidency.ucsb.edu/documents/tweets-december-19-2020

Es war, so Rep. Raskin vom Select Committee, exakt dieser Tweet, der den Startpunkt für die Aufrufe und Organisation des Aufstands auch auf anderen Plattformen markierte.

Alex Jones von Infowars, Pro-Trump-YouTuber, Jim Watkins (8chan), QAnon … sie alle wiederholten und verstärkten den Aufruf. Die Proud Boys begannen sich zu organisieren. Nach diesem Tweet wurden von der „Stop the Steal“-Kampagne Websites geschaltet mit Informationen zum „Voter Fraud“ und den Planungen für die Rally am 06. Januar.

Es blieb nicht Trumps letzter Tweet, in den folgenden Tagen rief er immer wieder zum Protest am 06. Januar auf. Tweets, die von Twitter nicht gelöscht und nicht verhindert wurden.

Und viele Rioter sagten, sie seien von Trump eingeladen worden.

Der Ex-Angestellte des Konzerns Twitter war am 05. Januar nicht in der Lage zu schlafen, weil er (oder sie, don’t know) davon ausging, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommen könnte.

„For months, I had been begging and anticipating and attempting to raise the reality that if … we made no intervention into what I saw occurring, people were going to die. And on January 5, I realized no intervention was coming, even as hard as I had tried to create one or implement one, there was nothing and we were at the whims and the mercy of a violent crowd that was locked and loaded.“

(Monatelang hatte ich gebettelt und vorausgeplant und versucht, darauf hinzuweisen, dass Menschen sterben würden, wenn … wir nicht in das Geschehen eingriffen, das ich heraufziehen sah. Und am 5. Januar wurde mir klar, dass es keine Intervention geben würde, so sehr ich auch versucht hatte, eine zu schaffen oder durchzusetzen, es gab nichts, und wir waren den Launen und der Gnade einer gewalttätigen Menge ausgeliefert, die locked and loaded war.

[locked and loaded heißt im übertragenen Sinne „mit allen Wassern gewaschen“, steht aber hier eher militärisch für das Einrasten des Magazins und das Durchladen einer Waffe])

Twitter sperrte Trumps Account am 09. Januar, drei Tage nach dem Angriff auf das Kapitol in Washington D.C., drei Tage nach dem Angriff auf die amerikanische Demokratie, auf freie Wahlen, drei Tage nach dem versuchten Umsturz.

Hätte eine frühzeitige Sperre von Trumps Account die Ereignisse vom 06. Januar verhindert? Sicher nicht. Aber vielleicht abgeschwächt, denn Trump hätte nicht Millionen von Followern auf einen Schlag erreicht.

Der Twitter-Employee bestätigt: Twitter war nicht unbeteiligt, Twitter war nicht ahnungslos.

Twitter trägt einen Teil der Verantwortung für die Geschehnisse an diesem Tag.

Quelle: Public Hearing of the Select Committee, CNN live, „Attack on Democracy – the January 6th Hearings“

Update: Zitate des Twitter Employees hinzugefügt.