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#allesdichtmachen: mit Brüggemann und Brandenburg zum 1 bis 19 e.V. und Querdenken (Updated)

Wenn Brüggemann sich dagegen wehrt, Querdenker zu sein, dann könnte es unter anderem daran liegen, dass er viel eher der Initiave 1bis19 des Herrn Dr. med. Paul Brandenburg nahesteht. Einen großen Unterschied macht das nicht. (Last updated: 01.05.2021, 14:30 Uhr)

Paul Brandenburg ist Arzt, Dr. med., und stammt aus Berlin. Auf seiner persönlichen Website bezeichnet er sich als Publizist. Und er ist Gründer der Initiative 1bis19 und steht dem 1bis19 e.V. vor, der sich nach den 19 Grundrechtsartikeln des Grundgesetzes benennt.

Diese Initiative nennt sich selbst „eine Denkfabrik und Projektträger zur Förderung bürgerschaftlichen Engagements für Grund- und Freiheitsrechte“ und widmet sich dem Ziel der „Steigerung der aktiven Auseinandersetzung und des aktiven Eintretens breiter Bevölkerungsteile für Verwirklichung und Fortentwicklung der Grund- und Freiheitsrechte unserer Verfassung zur Festigung unseres demokratischen und sozialen Föderalismus“. So weit. So gut. So sperrig, so allgemeinplätzig.

Der Verein 1bis19 e.V. hat eine Vielzahl von Unterstützern, darunter eine Staatsanwältin aus München, zahlreiche Selbstständige, Versicherungsfachwirte, Angestellte – jedoch kaum Wissenschaftler. 1bis19 wurde gegründet, um die Diskussion um Grund- und Freiheitsrechte in die „bürgerliche Mitte“ zu tragen. Themen dafür sind jedoch ausschließlich Kritik an den Coronamaßnahmen und damit verbundene Medienkritik. Klar, dass Mitglieder des Vereins 1 bis 19 e.V. auch Unterzeichner der Great Barrington Declaration, einer sozialdarwinistischen Durchseuchungs-Forderung, sind.

Brandenburg als Arzt versteigt sich in die Aussage „Die Angst davor richtet unendlich viel mehr Schaden an als das Virus“ und spricht von einem „neuen Totalitarismus“ in seinem Telegram Kanal. Er bezeichnet in einer Publikation des Blattes „Demokratischer Widerstand“ von Anselm Lenz SARS-CoV2 als „Bagatellvirus“ (Quelle: Antischwurbler in einem Artikel auf Publikum). Nun, es wird viele Menschen beruhigen, so weltweit insgesamt, dass sie an einem völlig ungefährlichen Bagatellvirus starben.

Korrektur: Laut Brandenburg nicht an, sondern mit einem Bagatellvirus. Denn Schuld an allem haben die Politik, die mit ihrer Angstmacherei angeblich viel mehr Schaden anrichtet als das Virus, und die Medien außer Reitschuster, versteht sich, der ist ja prima.

Medienkritik von jemandem zu hören, der von der Madsack Mediengruppe (~15 Tageszeitungen) und vom Springerkonzern Millioneninvestitionen für sein Unternehmen DIPAT, einem Dienst zur selbstständigen Erstellung von Patientenverfügungen, erhielt, scheint lustig. Schaut man jedoch auf die Reaktionen von Springer-Blättern auf die #allesdichtmachen-Kampagne – tja das bisschen Medienkritik fällt wohl weniger ins Gewicht als die Impfkritik und die Corona-Relativierung dieses „Arztes“. Passt gut in Springers Konzept – Streeck, Brandenburg, Laschet, Querdenken.

Die Unterstützer seiner Initiative haben ganz eigene Ansichten, was Grundrechte angeht. So wie ein Andreas, dessen Zitat auf der Website prangt:

„Selbst entscheiden zu können, inwieweit ich mich beschränke, um anderen nicht zu schaden. Ich vertraue meiner Urteilskraft, dazu gehört auch das Recht, mich zu irren.“

Das Problem bei diesem Andreas ist, dass er offenkundig nicht die nötige Geisteskraft aufbringt, um zu verstehen, dass sein Recht, sich zu irren unter Umständen einem seiner Mitmenschen das Leben kosten könnte. Egal, ob mit oder an. Egal, ob jung oder alt.

Eine Initiative, deren Mitglieder auf ihr verdammt nochmal gutes Recht pochen und denen es egal ist, was mit anderen Menschen passiert, das dann garniert mit ein wenig Medienkritik, Unwissenheit und unverständigem „Grundrechte“-Blafasel, fertig ist die nächste antisoziale Initiative, die alle Menschen für blöd hält. Vor allem solche, die was vom Thema verstehen – von Medien und von Viren.

1bis19 ist Querdenken in weniger radikal, weniger laut, weniger durchtrieben – aber nicht weniger intensiv und nicht weniger ekelig, wenn man nach den Zitaten der Leute geht. Und Paul Brandenburg, der Chef vons Janze, ist gut vernetzt.

Zum Beispiel mit Dietrich Brüggemann.

Dietrich Brüggemann ist Regisseur, „Musiker“ und vor allem anderen Mitinitiator von #allesdichtmachen, der Aktion mit Videos von 53 Schauspielern, darunter Jan Josef Liefers und Volker Bruch, Nina Proll und anderen.

Dietrich Brüggemann und Paul Brandenburg, teilen dieselbe Corona-Kritik, beide teilen sich dieselbe Medienkritik, beide teilen sich ein Postfach – Box #0020 – beim Briefscan Dienst Dropscan in der Ehrenbergstraße 16 in Berlin, wie den Impressumsangaben ihrer Websites entnommen werden kann. Googelt man nach „‚box #0020‘ Berlin“, dann erhält man nur diese beiden Namen und den Artikel über Paul Brandenburg. Allzuviele Leute nutzen also Box 20 nicht.

Man kennt sich, man hat gemeinsame Post – und so kann man davon ausgehen, dass die Initiative 1bis19 eng mit Brüggemann zusammenarbeitete, als es um allesdichtmachen ging. Denn Brandenburg ist der Corona relativierende Doc mit dem Verein im Rücken, Brüggemänneken der wenig durchdachte „Künstler“ mit den Kontakten in die Filmbranche und in die Riege der bekannteren Schauspieler der Republik.

Dann plant man eine Schwarze-Wahrheiten-Kampagne mit 53 Schauspielern und 53 Videos, die von der Mehrheit als zynisch wahrgenommen wird, weswegen auch völlig untergeht, dass der eine oder andere Kritikpunkt vielleicht eventuell gerechtfertigt ist.

Denn dass es sich um das Konzept der Schwarzen Wahrheiten handelt, das offenbart das Schreiben, das die Schauspieler bekamen:

Schwupps, ist man im Gespräch und kann einen Diskurs auf seine Art über ein Thema führen, dass man selbst nicht annähernd verstanden hat.

Schon hat man es all den Schlafschafen gezeigt – und unterscheidet sich in keinster Weise mehr von Querdenken und ihren Systemsturz-Fantasien.

Das Problem bei den Schwarzen Wahrheiten: Es funktioniert nur solange, wie es niemand kennt. Es ist längst durchschaut, denn Querdenken nutzt es schon länger. Und deswegen ging das einfach mal nach hinten los.

1bis19 und Querdenken unterscheiden sich nicht – außer im Namen. Und #allesdichtmachen hängt mitten drin.

Querdenken … ja. Auch die Nähe einiger Schauspieler und von Brandenburg zu den Querdenkern selbst ist bekannt. Brüggemann macht Werbung für die pseudolinke „Freie Linke“, die sich an Querdenken-Demos beteiligt. Nina Proll gab Füllmich ein Interview. Brandenburg, so berichtet aktuell gerade der Tagesspiegel:

verbreitet einen Aufruf zu einer Corona-Demo vor dem Bundestag.

https://www.tagesspiegel.de/kultur/wer-steckt-hinter-allesdichtmachen-die-aktion-war-so-minutioes-geplant-wie-ein-tatort-dreh/27140704-2.html

Brandenburg hat vor einiger Zeit einen Arztbrief veröffentlicht im Internet. Dieser Brief ging am 30. März an Karl Lauterbach, SPD Gesundheitsexperte, promovierter Arzt und Epidemiologe. Es geht um die Tweets von Dr. Karl Lauterbach. In dem Brief heißt es:

Wir Unterzeichner stellen klar, dass diese Äußerung von Ihnen, wie eine überwältigende Vielzahl zuvor

1. dem medizinischen Kenntnisstand sowie

2. der ärztlichen Berufserfahrung widerspricht und

3. sich in derartig sinnentstellender Überzogenheit als Warnung eines Arztes an ratsuchende Menschen kategorisch verbietet.

https://aerztebrief.de/

Nun, der medizinische Kenntnisstand ist im März des Jahres 2021 ziemlich eindeutig. LongCovid-Fälle nehmen zu, man versteht, was das Virus im Körper macht, man hat einen Impfstoff. Man kennt die Angriffsvektoren des Virus, die Andockstellen im Körper und man weiß, dass das menschliche Immunsystem diesem Virus gegebenfalls mit einem Überschwang entgegentritt, der unter Umständen tödlich verläuft, einfach weil es das Virus nicht kennt. Man weiß, dass anders als bei der saisonalen Influenza dieses Virus die Zellen der unteren Atemwege und der Blutgefäße bevorzugt angreift, dass es bei Kindern Nierenprobleme und Mikrothrombosen auslösen kann, selbst bei einem sehr milden Verlauf. Das ist nur ein Teil des medizinischen, des wissenschaftlichen Kenntnisstandes. Und viele Ärzte weltweit haben genug ärztliche Berufserfahrung mit diesem Virus, mehr als Dr. med. Brandenburg. Darüber hinaus hat Lauterbach als Epidmiologe und Politiker getweetet und nicht als Arzt an ratsuchende Patienten.

Aber dennoch, dieser Arztbrief hat tausende Mitunterzeichner. Die Liste ist veröffentlicht und frei auf der Vereinswebsite einsehbar. Und dafür, dass es ein „Ärztebrief“ ist, haben verdammt viele wissenschaftsferne Berufsgruppen unterzeichnet. Der Brief entsprach ihrem Bauchgefühl – inklusive des Rechts, sich zu irren?

Spaßeshalber haben wir die Unterzeichner mal mit den Mitgliedern der Partei dieBasis abgeglichen, die steht ja auch dem Querdenker-Milieu nahe. Das ging, da Name, Ort und Beruf in der Unterzeichnerliste angegeben waren. 979 Treffer, quer durch die Bank, nicht nur Ärzte und Heilpraktiker, sondern auch EDV-Fachleute, Industrieelektroniker, Pädagogen… Passt in deren Narrativ … wird instrumentalisiert.

Und Jan Josef? Der tingelt – man könnte auch mit einer Portion Sarkasmus sagen: er cancelcultured – durch sämtliche Talkshows. Also hat die Initiative, also haben 1bis19, Brandenburg und Brüggemann ihr Ziel erreicht.

Deswegen startet Brandenburg auch das Projekt #dankeallesdichtmachen, bei dem möglichst viele Menschen Videos mit Danksagungen an die Schauspieler hochladen sollen. Die zugehörige Website, die für den Upload file.io nutzt, leitet dann auch direkt auf aerztebrief.de weiter. Natürlich ist Reitschuster einer der ersten, der die Kampagne pusht, freilich ohne dabei zu erwähnen, dass die ersten beiden Danksagungen von Brandenburg und seinem Mitinitiator stammen.

Vergessen haben sie dabei die Menschen, die Angehörige verloren haben, Freunde und geliebte Menschen. Vergessen haben sie dabei die an LongCovid leidenden, die auch Monate nach einem milden Verlauf nach Infektion mit dem Bagatellvirus SARS-CoV2 teilweise kaum 100 Meter am Stück gehen können ohne zu keuchen, die zu Hause bleiben, weil der Körper zu geschwächt ist, um drei Treppen runter und wieder hochzusteigen. Vergessen haben sie die Pfleger und echten Ärzte, die nach wie vor versuchen, Leben zu retten, Leiden zu mildern und Angehörige zu trösten.

Denn, Dr. med. Brandenburg: das ist das was wirkliche Ärzte tun.

Und das unterscheidet auch uns von dieser Initiative: Wir vergessen nicht.


Update 14 Uhr:

Hinweis zur Website von #dankeallesdichtmachen und Weiterleitung sowie Reitschuster hinzugefügt.

Update 14:40 Uhr:

Tweet von Daniel Laufer eingebunden, der ein Schreiben mit dem Konzept zeigt: Schwarze Wahrheiten

Update 01.05.2021, 14:30 Uhr:

Der Tagesspiegel Berlin hat sich heute in einem weiteren Artikel dem Netzwerk hinter #allesdichtmachen und um Herrrn Brandenburg gewidmet. Denn letztlich hat Brandenburg bereits am 20. März sein Vorgehen angekündigt. „Das antidemokratische Netzwerk hinter #allesdichtmachen“. Der Artikel beleuchtet auch die Rolle von Moritz Bleibtreu bei dieser Aktion.

Hinzu kommt, dass Bleibtreu einige Kolleg:innenen vor den Kopf gestoßen haben soll, weil er kurz vor dem Start von #allesdichtmachen wieder aus der Kampagne ausgestiegen war (angeblich auf Druck eines verärgerten Werbepartners). Ohne allerdings die Personen, die er zuvor rekrutiert hatte, über diesen Schritt zu informieren.

Nach Informationen des Tagesspiegel reagierte eine Schauspielerin, die sich nur wegen seines persönlichen Engagements an #allesdichtmachen beteiligte, am Donnerstagabend geschockt, als sich Bleibtreu plötzlich nicht mehr unter den 52 Beteiligten befand. Dietrich Brüggemann bestätigt ein solches Versäumnis indirekt in seinem Blog “D-Trick”, erklärt es aber mit einem “organisatorischen Fehler”.

Das ist eine sehr euphemistische Umschreibung. Wie eine Schauspielerin, die mit dem Tagesspiegel in Kontakt steht, bestätigt, habe Bleibtreu Volker Bruch mit der Aufgabe betraut, die von ihm kontaktierten Personen in Kenntnis zu setzen. Dieser habe jedoch aus Sorge, es könnten daraufhin weitere prominente Beteiligte abspringen, niemanden über Bleibtreus Rückzug informiert.