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AnonNewsDE auf Twitter gesperrt? Ja, isso.

Ein kleiner Gruß von den @AnonNewsDE-Leuten.

Wir möchten uns recht herzlich für den krassen Support auf Twitter bedanken, natürlich hat man den Hashtag #FreeAnonNewsDE mitverfolgt, mit soviel Zuspruch hat man ehrlich nicht gerechnet, danke! Das lässt selbst bei den ältesten Haudegen bei uns ein bisschen die Äuglein feucht werden.

Vor der Suspendierung des Twitter Accounts war AnonNewsDE bei über 98000 Followern, also eine gute Reichweite. Natürlich nimmt man dem Sprachrohr des deutschen Anonymous Ablegers in erster Linie diese Reichweite durch eine Sperrung, und man ist nach wie vor ein bisschen verwundert.

Warum?

Man kennt natürlich die Richtlinien, auch die neuen Richtlinien auf Twitter, und man ist sich derer sehr wohl bewusst. Noch viel bewusster ist man sich im Anonymous Kollektiv jedoch der Verantwortung, die die Inbesitznahme großer Mengen persönlicher Daten mit sich bringt, dass solche Informationen schaden und nützen können. Das hat man bei Anonymous aus Erfahrung mehr im Blick, als die Leute bei Twitter selbst, die nämlich nie aus eigenem Antrieb tätig werden, sondern nur nach Meldung (denn man macht nicht mehr als man muss). Man hat daher solch große Datenmengen stets unter Verschluss gehalten und nur ein sehr kleiner Personenkreis hatte darauf Zugriff. Über den File-Server, der extra dafür aufgebaut wurde, hat man akkreditierten Journalisten und nur denen Teil-Zugriff zu Recherchezwecken ermöglicht. In OCG-Zeiten wurde ein bisschen geleakt, aber dies gezielt über einen anderen Account – der seltsamerweise nie gesperrt wurde.

Wenn T-Online also heute berichtet:

Auf Anfrage von t-online erklärte ein Sprecher von Twitter, dass das Konto gesperrt wurde, weil es gegen drei Richtlinien der Plattform verstoßen hat: die Richtlinie zur Verbreitung von gehacktem Material, die Richtlinie zu privaten Informationen und gegen die Richtlinie zu Plattformmanipulation und Spam.

Dann sollte Twitter sich die Tweets und die Artikel nochmal anschauen. Denn weder wurde gehacktes Material verbreitet, noch wurden private Informationen geleakt. Und das mit dem Spam ist eh Quatsch.

„Es ist nicht erlaubt, private Informationen anderer Personen ohne deren Erlaubnis zu tweeten“, so der Sprecher. „Dazu gehören auch Inhalte, die illegal erworben oder gehackt wurden. Sie dürfen auch nicht damit drohen, private Informationen preiszugeben, oder andere dazu auffordern, dies zu tun.“

https://www.t-online.de/digital/internet/id_100002174/attila-hildmann-twitter-sperrt-hacker-account-von-anonymous-deutschland.html

Tja, nichts davon ist passiert gestern. Aber es handelt sich um den deutschsprachigen Twittersupport, der ist da alles andere als konsequent und nachvollziehbar. Deren Durchsetzung des NetzDG ist einigermaßen … eigentümlich. Das beobachtet man nicht nur bei uns seit längerem. Man hat dort kein Problem mit Todesdrohungen, man hat dort kein Problem mit Volksverhetzung, man hat kein Problem mit Tweets, die bei Meldung bei „Hass melden“ fast direkt zur Anzeige gebracht werden, man hat kein Problem mit medizinischen Fehlinformationen, aber man hat ein Problem mit … ja was? … der Wahrheit?

Und auf eine Reaktion von denen wartet man noch immer. Hauptsache T-Online hat eine Antwort.

Gestern hat AnonNewsDE eigentlich nur einen Link zu einem Blog Artikel auf AnonLeaks veröffentlicht, wo man über Zugriffe durch Insider-Wissen (Kai vs. Hildmann) berichtet hat. Ebenfalls stand im Artikel drin, dass weitere brisante Informationen bald veröffentlicht werden, die Daten werde man an die Behörden und die Presse weitergeben. War bisher nie ein Problem. Davon, dass wir alle 100.000 E-Mails veröffentlichen oder wild durch die Gegend doxxen, stand da nichts, wer das da herausliest, sollte nochmal nachschauen. In diesem Artikel waren auch KEINE gehackten oder persönlichen Informationen vorzufinden. Und ja, der Artikel ist bei Archive.org, tut euch keinen Zwang, vergleicht die Versionen.

Man muss jetzt nicht darüber spekulieren, ob die Sperrung großer Accounts Methode hat oder nicht. Twitter ist ein börsennotiertes Unternehmen und nur den Shareholdern verpflichtet. Das darf man nie vergessen, wenn man sich Reichweite dort aufbaut. Und genau aus diesem Grund nutzt alles Lamento nichts.

Wurde AnonNewsDE eigentlich schon mal gesperrt?

Nein. AnonNewsDE besteht seit mehr als 10 Jahren auf Twitter (seit dem 11.08.2011) und bisher hatte der Account nur 2 Strikes. Der erste Strike war 2013, es wurden ungeschwärzte Informationen zum „myFDP Hack“ veröffentlicht durch Operation Bestandsdatenauskunft, man war für 48 Stunden gesperrt.

Der zweite Strike passierte 2020, als man ein Meme teilte (riesen Regenbogendildo mit der Frage ob Attila auch die Vaseline parat hat?), dafür wurde AnonNewsDE für 24h gesperrt, auch damals ging es um Attila.

Niemals haben Anons sich über jene Sperren beschwert, denn wer mit dem Feuer spielt, kann sich verbrennen und dessen sollte man sich bewusst sein.

Im Zeitraum von 2013-2014 wurde AnonNewsDE auch vom Chaos Computer Club wie auch Netzpolitik.org kritisiert auf Grund von ungeschwärzten Leaks bzw. Daten. Daraus hat man gelernt und seine Agenda geändert, bis heute. Nicht mal die Profilbeschreibung von AnonNewsDE auf Twitter hat gegen Richtlinien verstoßen und glaubt uns, selbst das AnonNewsDE Profil wurde mehrmals die Woche gemeldet, da man AnonNewsDE gesperrt sehen wollte. Es ist eigentlich kein Tag vergangen, wo nicht Tweets von AnonNewsDE gemeldet wurden, in 99% der Fälle erfolglos. Es wurden sogar simple Nachrichten-Tweets von AnonNewsDE gemeldet, welche über eine RSS Pipeline automatisch erstellt wurden (harmlose News zu den Themen Überwachung, Hacking usw.).

Man hat das Ganze, also diese Reports, immer belächelt – auch jetzt wird die Sperrung irgendwie belächelt, mit ein bisschen Galgenhumor betrachtet. Es wird sich zeigen, ob AnonNewsDE gesperrt bleibt oder bald weiter zwitschern darf.

Selbst wenn AnonNewsDE gesperrt bleibt, wird Anonymous im deutschen Raum weitermachen. Denn der Kern unserer Arbeit ist nicht das Posten auf Twitter. Und man hat ja immer noch diesen wunderbaren Blog hier, welcher nicht so einfach zensiert werden kann. Ebenso bleiben die ganzen journalistischen Kontakte, Kontakte zu NGOs, Kontakte zu anderen Aktivisten und und und bestehen. Man schlägt der Hydra einen Kopf ab und 4 neue wachsen nach.

Aber die Sperre wirft eine generelle Frage auf: wie viel Macht über Meinungspluralismus wollen wir den Unternehmen wie Twitter zugestehen, die ihre eigenen Richtlinien mal sehr weit, mal sehr eng auslegen? Irren ist menschlich, aber Machtmissbrauch ebenso.

Als dezentrales Kollektiv setzen wir mittlerweile auf wirklich dezentrale Lösungen wie selbstgehostete Blogs und selbstgehostete Matrix-Server, wenn es um die tägliche Arbeit geht.

Und man hat ja auch noch einen Mastodon-Account, der bislang nur über eine „Bridge“ von Twitter mitversorgt wurde, den wir jetzt jedoch zusätzlich aus dem Tiefschlaf holen und eigenständig betreuen. Wer schon auf Mastodon ist: es dauert noch einen Moment, aber dann: https://social.tchncs.de/@AnonNewsDE. Und sollte uns dort der sehr nette Admin – der im übrigen seinen Mastodonserver rein über Spenden finanziert – wider Erwarten von seinem Server schmeißen, machen wir halt einen eigenen auf. Das ist der Vorteil an föderierenden, dezentralen Diensten wie Matrix oder Mastodon gegenüber zentralisierten Diensten wie Discord oder eben Twitter.

Wir sollten und dürfen nicht davon abkommen, dezentrale Dienste als die Zukunft zu betrachten. Keinesfalls wegen der Sperre jetzt – sollte AnonNewsDE auf Twitter gesperrt bleiben, rückt man einfach mit einem neuen oder einem der anderen Twitter-Accounts nach, kein Problem -, sondern generell. Denn die Welt, in der wir leben, ist durchdrungen von Ideologien, die allzuschnell auf Zensurinfrastrukturen setzen. Und zentralisierte Dienste eignen sich dafür hervorragend. Mal ganz abgesehen davon, dass die auch noch ihr eigenes Ding machen, die Unternehmen dahinter.

Wir halten euch auf dem Laufenden bezüglich Twitter. Bevor der Twitter Support richtig tätig wird, kann man ruhig noch ein 200-seitiges Buch in Ruhe lesen und Tee trinken, man kennt es ja 😉

Ach so, juristisch kann man natürlich nicht gegen so eine Sperre vorgehen, da man anonym ist und bleiben wird. Sollte Twitter die Sperre lassen, nimmt man es mit einem weinenden und einem lachenden Auge!

Lachendes Auge, denn so eine Sperre hat übrigens einen enormen Vorteil: Man ist nicht mehr an Hausrecht und Richtlinien eines gewinnorientierten privaten Unternehmens gebunden. Hier auf dem Blog herrschen allein unsere Regeln, auf dem Server dahinter auch. Und die Hildmann-Leaks werden kommen, da können sich Attilas Follower auf den Kopf stellen.

Eine Idee kann man nicht sperren.
Erwartet uns!

Update

Natürlich ist die Mastodon-Instanz, auf der wir sind, nicht die einzig mögliche. Sir sind auf social.tchncs.de, es gibt aber noch zahlreiche andere, auch deutschsprachige Instanzen. Beispielsweise hat der Chaos Computer Club unter chaos.social eine eigene Instanz. Ein bisschen kann man sich sogar thematisch orientieren. Allerdings kann man sich nicht bei allen einfach so anmelden, denn die Instanzen achten darauf, nicht zu schnell zu groß zu werden. Keiner dort möchte das neue Twitter werden.

Ein guter Einstieg ist JoinMastodon – https://joinmastodon.org/ – wo man sich über Mastodon informieren kann. Die Seite steht in vielen Sprachen zur Verfügung.

Eine Liste deutschsprachiger Instanzen findet man hier, keine Sorge, egal bei welcher Instanz man sich anmeldet, man kann auch die „Toots“ – so heißen Posts auf Mastodon – auch von Usern der anderen Instanzen lesen und mit denen interagieren, da die Instanzen miteinander verknüpft sind (föderieren) und somit Teil eines „Fediverse“ genannten riesigen Netzwerks aus miteinander verbundenen Einzelinstallationen sind.