Kategorien
OpJustitia OpTinfoil Updated

Eine neue Folge von: Amtsgericht Weimar – Das Schwurbelgericht … Diesmal: Familiengericht (Update)

Das Amtsgericht Weimar entwickelt sich zu einem Gericht der Schwurbelrichter. Nach einem fragwürdigen Urteil im Januar wirft jetzt ein Beschluss des Familiengerichtes unter Richter Christian Dettmar Fragen auf. (Update: 18.05.2021, 22:55 Uhr)

Das Amtsgericht Weimar machte bereits im vergangenen Januar einen ganz schlechten Eindruck, als Richter Matthias Guericke einen Bußgeldbescheid mit der Begründung aufhob, die Maßnahmen gegen die Pandemie seien nicht verfassungsgemäß. Das Urteil damals schlug Wellen, weil Richter Guericke zuvor selbst in eigener Sache vergeblich gegen die Maskenpflicht geklagt hatte, was Fragen zur Unvoreingenommenheit des Richters aufwarf.

Dieselben Fragen werden jetzt erneut laut, denn derzeit feiern Maßnahmen-Kritiker in diversen Telegram-Kanälen einen Beschluss des Familiengerichts am Amtsgericht Weimar unter Richter Christian Dettmar, das sie jedoch fälschlicherweise für ein allgemeingültiges Urteil halten.

Der Beschluss – der unten zum Download zur Verfügung steht – ist eigentlich eine „einstweilige Anordnung“, die den Schulen, den „Leitungen und Lehrern“ aufgibt, auf jegliche Corona-Schutzmaßnahme wie Abstände und Masken zu verzichten. Es geht noch weiter, denn, auch „den Vorgesetzten der Schulleitungen wird untersagt, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler folgendes anzuordnen oder vorzuschreiben:“

  1. im Unterricht und auf dem Schulgelände Gesichtsmasken aller Art,
    insbesondere Mund-Nasen-Bedeckungen, sog. qualifizierte Masken (OPMaske oder FFP2-Maske) oder andere, zu tragen,
  2. Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten,
    die über das vor dem Jahr 2020 Gekannte hinausgehen,
  3. an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen.

„einstweilige Anordnung“ – die Verhandlung in der Hauptsache wird hier wohl noch ausstehen. Gleichwohl: der Beschluss steht erstmal im Raum.

Aber er hat kaum Auswirkungen. Mittlerweile hat sich zu dem Urteil auch das Land Thüringen geäußert. das Urteil habe keine rechtliche Wirkung für Thüringer Schüler.

Es stellt fest:

  1. Eine ordnungsgemäße Bekanntgabe des Beschlusses ist bisher nicht erfolgt. Weder den Schulen noch der Landesregierung liegt der Beschluss in schriftlich ausgefertigter Form vor. Bisher kennen wir lediglich eine Mail an die Schulleitungen.
  2. Wie jede gerichtliche Entscheidung kann auch dieser Beschluss rechtliche Wirkung allein für die am Verfahren Beteiligten entfalten. Vorliegend sind das zwei Schüler. Der Beschluss hat keine Auswirkungen auf die Infektionsschutzmaßnahmen, die für die Thüringer Schulen insgesamt angeordneten wurden. Sie bleiben rechtmäßig in Kraft. Gleiches gilt für zusätzlich verfügte Infektionsschutzmaßnahmen in Kreisen mit hohen Infektionszahlen.
  3. Der Beschluss wirft gravierende verfahrensrechtliche Zweifel auf. So beschränkt sich die Zuständigkeit des Familiengerichts in Sorgerechtsverfahren auf Fragen des Sorgerechts; die Überprüfung von Infektionsschutzmaßnahmen oder Rechtsverordnungen der Landesregierung obliegt dagegen den Verwaltungsgerichten. Auch können nur konkret benannte natürliche oder juristische Personen Adressat von gerichtlichen Ge- oder Verboten sein; die „Leitungen und Lehrer“ zweier Schulen, an die sich der Beschluss richtet, erfüllen diese Grundvoraussetzung nicht.
  4. Ob die Entscheidung angesichts dieser und weiterer verfahrensrechtlicher Probleme überhaupt rechtliche Wirkung entfaltet und Bestand haben kann, muss obergerichtlich überprüft werden. Das Bildungsministerium wird daher schnellstens eine obergerichtliche Prüfung des Beschlusses anstrengen.
  5. Zum Umgang mit den zwei von der Entscheidung betroffenen Kindern steht das Bildungsministerium mit den Schulen im Austausch. Im Übrigen gelten an den zwei betroffenen Schulen in Weimar und im ganzen Freistaat die Infektionsschutzmaßnahmen für alle Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler unverändert weiter.

Hier hat sich offensichtlich ein kleiner Familienrichter vom Amtsgericht Weimar etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt und seine Zuständigkeit weit überschritten. Das Gericht kann nur für die zwei Kinder urteilen, nicht für die Mitschüler, den Schulleitungen etwas auferlegen, das ist Sache des Verwaltungsgerichts. Doch nicht nur das.

Die Begründung besteht in weiten Teilen – 170 von 178 Seiten – aus den Stellungnahmen dreier Gutachter, die vollständig zitiert werden. Die drei Gutachter – Ulrike Kämmerer, Ines Kappstein und Christof Kuhbandner – sind allesamt Mitglied in Homburgs und Bhakdis Verein  „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V.“, die Klage selbst ist eine Kinderschutzklage, eine Klageart, auf die ein Familienrichter, der ebenfalls Mitglied dieses Vereins ist, vorgeschlagen hatte. Andere Gutachter wurden wohl nicht gehört. Das hat Geschmäckle und lässt, wie schon bei Guericke, Zweifel an der Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit des Gerichts aufkommen. Schließlich war es Kämmerer, die immer wieder seltsame Zweifel an Drostens PCR-Tests äußerte und relativ unbewiesene Behauptungen aufstellte, die andere Wissenschaftler zurückwiesen.

Seltsam ist in diesem Fall aber noch mehr. Ein Bericht zu dem Urteil fiel uns bereits am Samstag auf. Im Verlaufe des Samstags wurde dieser Beschluss in einschlägigen Telegram-Kanälen geteilt, unter anderem bei Schiffmann. Bis Samstag Nacht waren es jedoch ausschließlich Schwurbelseiten wie Coronadok und Coronapedia, die diese Information teilten. Alle beriefen sich auf einen Beitrag bei 2020News.de. Und der war bereits am Freitag Abend erschienen. Eine Version der dort jeweils veröffentlichten PDF findet sich auch bei Docdroid. Doch offiziell wurde nichts veröffentlicht.

2020News.de wiederum ist eine Seite, die eng mit der „Stiftung Corona Ausschuss“ zusammenhängt und hier Schwurbel dieses Ausschusses als angeblich „evidenzbasierte Nachrichten“ anpreist. Macherin ist Viviane Fischer, Rechtsanwältin und als Hutmacherin Rike Feuerstein in der Modewelt bekannt. Beide waren ja auch bei der Parteigründung im „Scotch & Sofa“ dabei. Die wiederum ist ebenfalls bei der Stiftung Corona Ausschuss, zusammen mit Reiner Füllmich und beide sind Mitgieder der Partei „Die Basis“. Weder Füllmich noch Fischer sind gekannt für wahre Fakten, sondern stehen eher für Fake. Kein Wunder, dass ernsthafte Medien, da abwarten, bis es etwas handfest Verifizierbares gibt. Selbst Anwälte zweifelten an der Echtheit des Beschlusses. Und einige fragten, ob es von uns ist. Aber nein, nicht dieses.

Aber auch wenn es echt ist, es bleibt merkwürdig. Hier wurde also ein Beschluss eines die Maßnahmen kritisierenden Richters (oder Richterin), das allein auf einem Gutachten aus einschlägigen Pandemieleugner-Kreisen basiert, an einschlägige Pandemie-Leugner-Kreise durchgestochen, bevor es offiziell an die zuständige Behörde ging oder offiziell veröffentlicht wurde.

Da schließen sich Kreise und man darf mit Fug und Recht die Frage stellen: Thüringen, was ist los da bei Euch im Gerichtsbezirk Weimar? Legt ihr noch Wert auf eine unvoreingenommene Entscheidung oder lasst ihr weiter zu, dass Richter ihre persönlichen Einstellungen in Urteile einbringen? Was passiert mit diesen zwei Richtern? Denn ganz ehrlich: wenn ihr das laufen lasst, dann haben wir genau das nicht mehr, worauf unsere Demokratie fußt: eine unabhängige Justiz.

Der Beschluss hat jedenfalls keine rechtliche Relevanz für Thüringen, nicht einmal für alle Schulen in Weimar, schon gar nicht – wie Bodo behauptet – für alle Bundesländer. Eltern, die sich jetzt die PDF-Ausdrucken und sie ihren Kindern mitgeben oder der Schulleitung vorlegen, machen sich maximalst lächerlich. Mehr nicht. Der Beschluss wird auf höherer Ebene geprüft werden.

Aber hier gibt es insgesamt mehr zu prüfen als nur den Beschluss.

Den Beschluss in anonymisierter Form gibt es hier zum Download. ihr müsst also nicht zu 2020news.de.


Update 12.04.2021, 21:55 Uhr:

Nachdem das Amtsgericht Weimar die erstaunten Juristen und Nicht-Juristen mit einer dürren Pressemitteilung abgespeist hat, nimmt die Neue Richtervereinigung NRV ausführlich Stellung (Danke an Ado aus den Comments).

Zunächst das Gericht der Schwurbelrichter:

Am 08.04.2021 hat ein Einzelrichter des Amtsgerichts Weimar als Familienrichter im Wege der einstweiligen Anordnung ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung zu den Infektionsschutzmaßnahmen an zwei Weimarer Schulen erlassen.

Die 192 Seiten umfassende Entscheidung des Einzelrichters weist als Verfahrensbeteiligte zwei minderjährige Kinder, gesetzlich vertreten durch ihre Mutter, sowie den durch den Einzelrichter bestellten Verfahrensbeistand auf.

Der Einzelrichter ist davon ausgegangen, dass die Überprüfung von Infektionsschutzmaßnahmen zur Zuständigkeit der Familiengerichte gehört und hat die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges verneint.
Als Rechtsgrundlage für die Begründetheit seiner Entscheidung hat der Einzelrichter § 1666 BGB angewandt.

Das Lüften der Klassenzimmer hat der Einzelrichter nicht untersagt.

Der Beschluss ist grundsätzlich nicht anfechtbar. Da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.

https://gerichte.thueringen.de/gerichte-in-thueringen/landgericht-erfurt/amtsgericht-weimar, Hervorhebung von uns

Das ist zu wenig, und es läßt einen relativ sprachlos zurück. Das hätten sie sich auch schenken können. In Weimar wird offensichtlich ein stärkerer Fokus auf Wissenschaftsleugnung denn auf Rechtsprechung gelegt.

Wissenschaftsleugnung? Ja.

Die Neue Richtervereinigung lässt an dem Urteil kein gutes Haar. Fehlende Zuständigkeit, PLURV, rechtliche Vorschriften werden verkannt…hier Auszüge:

Der Beschluss, mit dem das Familiengericht Weimar am 8. April 2021 Lehrern und Schulleitungen untersagt hat, eine Maskenpflicht für Schüler durchzusetzen, Mindestabstände vorzugeben und Schnell-Tests durchzuführen, überschreitet aus der Perspektive der Familienrichter und Familienrichterinnen der Neuen Richtervereinigung allerdings das Maß des noch Hinnehmbaren
[…]
Die Neue Richtervereinigung hält die Entscheidung, obwohl auf 178 Seiten begründet, für juristisch unhaltbar. Sie verkennt ganz grundsätzliche rechtliche Vorschriften. Sie leugnet zudem wesentliche Erkenntnisse der Wissenschaft.
[…]
Das Familiengericht war schon nicht zuständig und deswegen in keiner Weise befugt, eine solche Anordnung zu erlassen. Anordnungen der Schulverwaltung zu Hygienekonzepten an einer Schule unterliegen allein der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Es sind Maßnahmen, die im Verhältnis des Staates (hier der Schulverwaltung) zu seinen Bürgern (hier Eltern und Schüler) getroffen werden. Das sind sogenannte öffentlich-rechtliche Maßnahmen, für deren Überprüfung in unserer Rechtsordnung allein die Verwaltungsgerichte zuständig sind. Das lernt jeder und jede Jurastudent/in im Grundstudium. 

Das Urteil verkenne die grundlegende „Gerichtsverfassung der Bundesrepublik.

Damit nicht genug, die Vereinigung erkennt Elemente der Wissenschaftleugnung nach dem PLURV-Konzept.

Noch dazu wird – wo in der Hauptsache die Einholung eines Sachverständigengutachtens zwingend geboten wäre – die eigene „Kenntnis“ einer fachfremden Materie gegen die ganz herrschende wissenschaftliche Meinung gesetzt. Das sind schwere handwerkliche Fehler- so darf man als Gericht nicht arbeiten.
[…]
In der Bewertung einer möglichen Kindeswohlgefährdung geht die Entscheidung an grundlegenden Erkenntnissen vorbei. Eine Kindeswohlgefährdung im Rahmen des § 1666 BGB ist auch bei allem Respekt vor abweichenden Meinungen mit diesem Sachverhalt nicht zu begründen. Hier scheint sich eher die Systematik der Wissenschaftsleugnung breit zu machen, als eine vernünftige Auseinandersetzung mit den medizinischen oder psychologischen Fragen: Die Auffassung von Pseudoexperten mit Minderheitsmeinungen wird als wissenschaftliche Erkenntnis dargestellt, Logikfehler und unerfüllbare Erwartungen an die Wissenschaft kommen vor, Informationen werden nur lückenhaft ausgewählt (Rosinenpickerei) und es wird unterstellt, dass von den öffentlichen Stellen keine vernünftigen Abwägungen vorgenommen werden (Verschwörungserzählung). Man sieht in den Gründen Elemente des PLURV – Phänomens, das die Entscheidung eher als Paradestück einer corona-zentrierten Wissenschaftsleugnung erscheinen lässt, denn als Zeichen einer vermeintlich streitbaren juristischen Haltung.

(Hervorhebungen von uns)

Insgesamt lässt auch diese Stellungnahme keinen Zweifel darüber aufkommen, dass der Richter seine Kompetenzen überschritten hat und zusätzlich noch handwerkliche Fehler machte. Die gesamte Stellungnahme der NRV gibt es hier.

Bild und Thüringer Allgemeine berichten im Übrigen, der Richter sei Christian Dettmar, 58 Jahre alt. Und Bild sagte er wohl:

„Habe erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Masken“

Es wird dem Herrn Christian Dettmar, Richter am Amtsgericht Weimar, sicher nicht stören, wenn Chirurgen bei einem völlig normalen Eingriff bei ihm dem Mundschutz einfach mal weglassen?

Nach Recherchen der Thüringer Allgemeine wurde wahrscheinlich Dettmar gezielt ausgewählt, weil er in seinen Verhandlungen verlangte, dass die Masken im Gerichtssaal abgesetzt wurden. Deswegen konnten nur Eltern, deren Familiennamen mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben den Antrag stellen, zu dem in derselben Gruppe aufgerufen wurde.

Die Zeitung schreibt:

Darin forderte Rechtsanwältin Ivonne Peupelmann aus Kahla „alle Eltern aus dem Amtsgerichtsbezirk Weimar“ auf, „sich unbedingt an einem von mir geführten Kindeswohlverfahren vor dem Familiengericht Weimar zu beteiligen“. Mitmachen könnten „die Eltern mit Kindesnachnamen, die mit folgenden Buchstaben beginnen: B E F H I J L Q R S T U V X“. „Euch kann bei diesem Verfahren definitiv nichts passieren auch keine Kosten!“

Laut Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Weimar ist Christian Dettmar für alle Fälle von Klägern zuständig, deren Nachnamen mit B, E, F, H, I, J, L, Q, R, S, T, U, V und X anfangen. Das heißt, er wurde mutmaßlich gezielt ausgewählt.

https://www.thueringer-allgemeine.de/verein-stellt-klagen-gegen-die-maskenpflicht-gezielt-an-richter-vom-amtsgericht-weimar-id232021245.html?bot-access=true

Peupelmann ist Mitglied bei „Anwälte für Aufklärung“. Diese Gruppierung steht auch in enger Verbindung mit Reiner Füllmich, in dessen Stiftung Corona Ausschuss wiederum auch Viviane Fischer alias Rike Feuerstein gelistet wird, die im Impressum von 2020news.de geführt wird, der Seite, die das Urteil als erste veröffentlichte.

Richter Dettmar ließ sich entweder freudig instrumentalisieren oder er klüngelt mit diesen Anwälten, er beraumte keine mündliche Verhandlung an, wählte „Gutachter“, die sich bekanntermaßen schon in seinem Sinne geäußert hatten, und entschied einfach auf Basis seiner persönlichen Meinung und nicht auf Basis tatsächlich wissenschaftlicher und evidenzbasierter Erkenntnisse. Eine persönliche und politische Entscheidung.

Das Problem dabei ist jedoch: die persönliche und politische Meinung des Richters hat in einem Gerichtssaal nichts zu suchen. Steht sicherlich auch in dem von ihm so oft zitierten Gerichtsverfassungsgesetz … muss was mit Neutralität sein, mit Unabhängigkeit. Richter Christian Dettmar vom Amtsgericht Weimar zieht damit die gesamte Rechtsprechung in den Schmutz. Das ist nicht mutig, sondern klein. Sehr klein.

Schade. Aber ein weiterer Name auf der Liste. Wir werden mal schauen.

Update 13.04.2021, 19:45 Uhr:

Ein Urteil derselben Art ist mittlerweile aus Weilheim in Bayern bekannt geworden. Die Richterin macht gar kein Hehl daraus, dass sie sich auf das Urteil aus Weimar bezieht. Sie nutzt dasselbe Gutachten. Wörtlich heißt es in der Begründung:

Zwar ist eine formelle Beweiserhebung im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht vorgesehen und im Regelfall auch zu zeitaufwändig, da die Hinzuziehung von Sachverständigen üblicherweise mit einer im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht zu vertretenden Verzögerung verbunden ist. Vorliegend konnte das Gericht jedoch auf den Sachverständigen Kuhbandner zurückgreifen, der gerichtsbekannt bereits für das Amtsgericht Weimar unter dem Az. 9 F 147/21 [sic!] ein entsprechende Gutachten erstellt hat und der dem Gericht eine Vorabfassung seines Gutachtens per mail zukommen ließ.

Es gibt aber auch Unterschiede. So hatte Richter Christian Dettmar in Weimar sein Urteil einfach mal auf alle Schüler ausgedehnt. Die Richterin geht soweit nicht.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Weimar (Beschluss vom 08.04.2021, Az. 9 F 148/21), geht das Gericht davon aus, dass der Beschluss lediglich zwischen der beteiligten Schulleitung und der Betroffenen wirkt, da ansonsten alle Kinder der Schule hätten beteiligt und gehört werden müssen.

Der gesamte Beschluss auch wieder hier zum Download. Es berichtete erneut zuerst 2020news.de darüber.

Kuhbandner und Kappstein, ein Psychologe und eine Krankenhaushygienikerin, sind in ihren jeweiligen Fachkreisen äußerst umstritten und ihre Auffassungen stellen Minderheitsmeinungen dar. Dies mit in Betracht ziehend, müssen sich beide Richter die unangenehme Frage gefallen lassen, ob sie gerade Kindeswohl ihrer eigenen Überzeugung unterordnen.

Die Idee mit dem Kinderschutzverfahren stammt aus demselben Verein wie die Gutachter, dem MWGFD e.V. Ein Mitglied, ehemaliger Familienrichter, Hans-Christian Prestien, sagte in einem Interview:

Kinder sind seit Monaten die Hauptleidtragenden der „C-Maßnahmen“. Im Interview mit Dr. Ronald Weikl, MWGFD e.V., erläutert der langjährige Familienrichter Hans-Christian Prestien das von ihm ausgearbeitete Muster einer Anregung nach §1666 Abs. 1 und 4 BGB für ein Kinderschutzverfahren vor den Familiengerichten zur Beendigung einer derzeit bestehenden nachhaltigen Gefährdung des körperlichen, seelischen und geistigen Wohls von Kindern“.

Eltern können mit diesem Muster deutschlandweit aktiv werden und das für sie örtlich zuständige Familiengericht kostenfrei veranlassen, rechtswidrige Anordnungen wie z. B. zur Einhaltung einer Maskenpflicht , räumlichen Distanzwahrung zu anderen Personen, Gestaltung gesundheitlicher Testung im Schulbereich ohne ausdrücklich schriftliche Erlaubnis der Sorgeberechtigeten und anderen einschränkenden Maßnahmen für ihre Kinder zu unterbinden.

https://www.mwgfd.de/2021/03/kinderschutzverfahren-koennte-maskenpflicht-beenden-langjaehriger-familienrichter-hans-christian-prestien-im-interview-mit-dr-ronald-weikl/

Seine Frau und er betreiben jetzt eine Art „Kinderhilfe“-Organisation …

Update 17.04.2021, 13:30 Uhr

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof betrachtet das Urteil aus Weimar als „ausbrechenden Rechtsakt“.

Die Urteilsbegründung – es ging um das Verbot der Querdenken-Demo in Kempten – findet sich hier als PDF.

Update 18.05.2021, 22:55 Uhr:

Nach einem Bericht des Mitteldeutschen Rundfunks hat das Oberlandesgericht den umstrittenen Beschluss des Amtsrichters kassiert. Zwar hatte die ursprüngliche Klägerin schon vor dem Verwaltungsfericht geklagt und verloren, aber Verwaltungsgerichte sind Fachgerichte, daher können diese den Beschluss eines Amtsrichters nicht aufheben, auch nicht, wenn es sich um einen ausbrechenden Rechtsakt handelt. Er konnte also nur vom Oberlandesgericht aufgehoben werden.

Wie es mit Richter Dettmar aus Weimar weitergeht? Man weiß es nicht. Nach Durchsuchung von Auto, Wohnung und Büro wird wohl weiterhin wegen des Verdachts auf Rechtsbeugung gegen ihn ermittelt. Da helfen auch Rosen nicht.

Derweil versuchen sie Querdenker um Fischer und Co. weiterhin, die Familiengerichte mit solchen Fällen zu beschäftigen.