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Corona-Schadensersatzklage: Füllmich und seine Kumpane

Reiner Füllmich ist umstritten in den Medien und sein Ruf bröckelt bei den Querdenkern. Doch er ist bei der Sammelklage nicht alleine.

Zu Anwälten hat man als Normal-Mensch ein eher zwiegespaltenes Verhältnis. Liegt ein bisschen daran, dass so viele Jurist:innen in der Politik sind und im Bundestag sitzen, ein bisschen daran, dass man immer ein komisches Gefühl bekommt, wenn Post von einer Anwaltskanzlei im Briefkasten liegt. Die Anwält:innen jedoch, die man selbst beauftragt hat, sind doch immer die Guten, diejenigen, die einen verteidigen. Betrug und Hochstapelei traut man den eigenen Anwält:innen nicht zu. Nur den anderen. Immer nur den anderen.

Doch es gibt solche Anwälte, Anwälte, die des Abmahnmissbrauchs überführt wurden, bei Immobiliengeschäften kungelten, Mandantengelder veruntreuen und andere Betrügereien veranstalten.

Die Anwälte, die den Querdenkern weisgemacht haben, sie könnten erfolgreich in den USA eine Sammelklage gegen Drosten führen, die von diesen Menschen, die sich teilweise in einer Notlage befinden und ihre Hoffnung in diese Klage setzten, nicht erstattbare 800 Euro zzgl. MWSt. im Voraus verlangen, gehören schon fast in die Kategorie Hochstapler.

Hochstapler? Echt? Zumindest in eine Kategorie „unseriöse Rechtsverdreher:innen“, das kristallisiert sich mehr und mehr heraus. Doch diejenigen, die ihnen Geld überwiesen haben, um an einer – damals bereits bekanntermaßen – aussichtslosen Schadensersatz-Sammelklage teilzuhaben, vertrauen ihnen noch immer. Und die anderen Querdenker auch, die, die immer noch glauben, diese Klage würde sämtliche Coronamaßnahmen zu Fall bringen. Auch wenn Medien, andere Juristen wie Anwalt Jun und Christian Solmecke ihnen sagen, die Klage sei aussichtslos, das Vorgehen intransparent, die Rechnungslegung dubios, sie glauben es nicht. Der eigene Anwalt, die eigene Anwältin, sie betrügen doch nicht.

Bei den Querdenkern müssen erst aus den eigenen Reihen Zweifel aufkommen, Warnungen erschallen, bevor sich was ändert. Und so geschieht es gerade. Bei der Querdenker-Bubble kommen Zweifel auf. Zumindest leichte. Es dämmert so manchem, dass er über den Tisch gezogen worden sein könnte.

Gut, das in der TG-Message verlinkte Video ist von Rechtsanwalt Christian Solmecke und schon vom Oktober, aber Querdenken heißt halt auch, langsam denken.

Blitzmerker sind sie nicht, die Querdenker. Glauben sie aber, denn sie meinen, alles verstanden zu haben. Dabei hören sie vorwiegend auf diejenigen, die laut und nach ihrem Bauchgefühl quatschen können. Dazu gehört Reiner Füllmich, dazu gehört Viviane Fischer, die Hutmacherin, die beide zusammen unlängst einen Wirt vollends in den Ruin trieben, indem sie ihm rieten, die Kneipe zu öffnen und eine Parteigründung draus zu machen, und die beide in der Führung der Stiftung Corona Ausschuss sitzen.

Und Reiner Füllmich besonders, denn er ist ja das Gesicht der Sammelklage gegen Drosten. Oder?

Es ist nicht Füllmichs Klage, nicht seine allein

Nunja, hacken wir mal nicht auf Füllmich allein herum. Es sind noch mehr Anwälte und Anwältinnen beteiligt an der ominösen Sammelklage. Die gehen ein Stück weit unter, da alle nur von Reiner Füllmich reden und schreiben. Wir fassen nochmal zusammen, wer die Akteure im Hintergrund sind.

Es ist beispielsweise eine komplette Kanzlei aus Berlin an dem Klage-Fiasko beteiligt: Die Hafenanwälte. Und genau die sollten nicht untergehen, bei all den Füllmich-Schlagzeilen.

Marcel Templin ist bereits etwas bekannter, dadurch, dass er die Rechnungen für diese Sammelklage gestellt hat.

Marcel Templin ist seit 2011 als Rechtsanwalt in Berlin zugelassen und nach eigenen Angaben auf der Website der Stiftung Corona Untersuchungsausschuss „nebenamtlicher Prüfer am Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamt Berlin-Brandenburg und Lehrbeauftragter an der Freien Universität“ in Berlin. Das war allerdings zwischen 2011 und dem WS 2013/2014.

Aktuell ist er dort nicht gelistet. Jedenfalls haben wir ihn dort nicht gefunden. Klingt aber besser, wenn man das auf der Website anders darstellt.

Seine Tätigkeitsschwerpunkte: Vertrags- und Haftungsrecht, insbesondere der Amtshaftung. Passt ja. Was nicht passt: Im Anwaltsverzeichnis der Rechtsanwaltskammer ist er gelistet unter Tempelhofer Damm, Berlin. Die Rechnungen im Oktober hatte er noch von der Adresse Kreuzberger Straße verschickt. Ist wohl kürzlich erst umgezogen. Nun. Passiert.

Jetzt jedenfalls ist er offiziell in der Kanzlei Hafenanwälte der RAin Antonia Fischer.

Antonia Fischer hat ihren Tätigkeitsschwerpunkt im Medizinrecht und im Pferderecht (kein Shice!), ist Pflichtverteidigerin und macht „Testamentgestaltung“. Eigentlich läuft die Website hafenanwaelte.de unter ihrem Logo, eigentlich sind die Hafenanwälte aber zu dritt, und ganz doll eigentlich zu viert (dazu gleich mehr), wahrscheinlich ist es deswegen so kompliziert, ein rechtskonformes Impressum zu erstellen, in dem auch die zuständige Kammer und die berufsrechtlichen Regelungen und so weiter korrekt mitgeteilt werden.

Dr. Justus P. Hoffmann, der dritte Anwalt im Bunde und in der Kanzlei, sieht seine Tätigkeitsschwerpunkte im Medizinrecht, Amtshaftungsrecht (Prüfungsverwaltungsrecht) und Verbraucherschutzrecht. Er ist zudem „Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Habilitand an der Universität Bielefeld am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Unternehmensrecht“.

Und hier wird es spaßig.

Halten wir kurz fest: Antonia Fischer, Marcel Templin und Dr. Justus P. Hoffmann, die Hafenanwälte, stecken also mit Füllmich zusammen im Corona-Schadensersatz-Sumpf. Alle drei sind mit auf der Website corona-schadensersatz.de geführt, für die Marcel Templin verantwortlich zeichnet, Fischer und Hoffmann auch auf der Website der „Stiftung Corona Ausschuss“.

Geht aber noch weiter:

Schaut man sich die Seite „Corona-Hilfe“ der Website hafenanwaelte.de genauer an, so sticht gleich im Kopfbereich ein weiterer Name ins Auge: Prof. Dr. Martin Schwab von der Uni Bielefeld, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Verfahrensrecht.

Martin Schwab ist ebenfalls kein unbeschriebenes Blatt unter den Kritikern der Corona-Maßnahmen. Er wurde bereits dazu interviewt – „Regierung hat Grenze des Vertretbaren überschritten“ (Neue Westfälische, Paywall, 08.01.2021) – und macht auf der Uni Seite Werbung für die Stiftung Corona Ausschuss.

Und er ist Gründungsmitglied von Füllmichs Kneipenpartei „Team Freiheit“. Er wird aber auf der Website des Ausschusses und der Klage nicht erwähnt.

Aber an eben jener Uni in Bielefeld in ebenjener Fakultät ist Dr. Justus P. Hoffmann zur Zeit „Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Habilitand […] am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Unternehmensrecht“ und im Wintersemester 2020/2021 mindestens mit zwei Tutorien gemeldet.

Angesichts dieser Mitwirkung der drei Hafenanwälte bei der Corona-Schadensersatzklage wirkt es schon fast komisch, wenn die sie auf ihrer Website schreiben:

Es geht uns nicht darum, die Corona-Maßnahmen als solche in Frage zu stellen. Wir verfügen über keinen medizinischen Sachverstand, um beurteilen zu können, ob die Politik die aktuelle Bedrohungslage richtig einschätzt und ob die Einschränkungen des öffentlichen Lebens, die wir momentan erleben, in der Sache gerechtfertigt sind. Die Gerichte halten die Einschränkungen für rechtens. Das legen wir unserer Arbeit zugrunde.

http://hafenanwaelte.de/coronahilfe.html

Aber diesen vielleicht nur scheinbaren Widerspruch kann ja vielleicht Professor Schwab aufklären, der irgendwo immer im Hintergrund mitschwingt, aber nie offiziell genannt wird und offiziell an der Klage nicht beteiligt ist.

Cathrin Behn haben wir natürlich auch nicht vergessen, aber sie ist Anwältin in der Kanzlei Füllmich. Seis drum!

Fazit: Füllmich ist nicht allein bei dieser Klage verantwortlich. Er ist nur der lauteste. Aber ganz vergessen sollten wir die anderen Jurist:innen auch nicht, wenn es um die versemmelte Sammelklage geht. Nochmal als Liste:

  • Antonia Fischer
  • Dr. Justus P. Hoffmann
  • Marcel Templin
  • Reiner Füllmich
  • Cathrin Behn

Eine aussichstlose Sammelklage, die nicht im Entferntesten hält, was sie mal versprochen hatte, eine Riege seltsamer Anwälte, die seltsame Rechnungen schreiben und seltsam intransparent sind … dieses ganze Ding riecht mehr und mehr nach Abzocke.

Wir fragen uns: Wo sind die zuständigen Kammern? Die Rechtsanwaltskammern sind eigentlich dazu da, solche Umtriebe zu untersuchen und darauf zu achten, dass der Berufsethos und das Ansehen der Rechtsanwälte nicht noch mehr Schaden nimmt, als es ohnehin schon der Fall ist.

Aber so ist das mit der einen Krähe, die der anderen kein Auge aushackt.